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Beihefte online

Peter Seelmann *


Inhaltsverzeichnis
Aufhebungen und Einschränkungen des Jus albinagii – ein Instrument des Friedens?

Gliederung: Literatur

Anmerkungen
Zitierempfehlung

Text:

»La Constitution n’admet point de droit d’aubaine. – Les étrangers établis ou non en France succèdent à leurs parents étrangers ou Français. – Ils peuvent contracter, acquérir et recevoir des biens situés en France, et en disposer, de même que tout citoyen français, par tous les moyens autorisés par les lois.«[1]

Mit diesen Worten wurde in Frankreich am 3. September 1791 das Droit d’Aubaine verfassungsmäßig aufgehoben, jenes aus dem Mittelalter stammende Recht, welches dem Souverän eines Territoriums gestattete, das Erbe eines in seiner Herrschaft verstorbenen Fremden einzuziehen.[2] Wenngleich auch andere europäische Herrschaften und Gemeinwesen Fremden Restriktionen auferlegten, Eigentum zu besitzen, zu übertragen oder zu vererben, so spielte das Droit d’Aubaine aufgrund seiner Wurzeln und historischen Entwicklung nirgendwo eine so zentrale Rolle wie in Frankreich.

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Als dieses Recht, das in der deutschen Rechtsterminologie auch als Fremdlingsrecht oder Jus albinagii bezeichnet wird, durch den oben zitierten Verfassungsartikel aus den französischen Gesetzen verbannt wurde, erschien dies verständlicherweise wie ein Meilenstein in der Geschichte des französischen Fremdenrechts. Allerdings war seine Abschaffung zunächst nur vorübergehend, da es unter Napoleon erneut eingeführt wurde und erst 1819 sein endgültiges Ende erfuhr. Zudem war seine Beseitigung die Konsequenz einer Entwicklung, die bereits im Mittelalter begonnen hatte, aber durch Aufklärung und Liberalismus eine eigene Dynamik entwickelte. Eine immer größere Anzahl der in Frankreich lebenden Fremden war nämlich im Laufe der Zeit nicht mehr oder nur noch in geringem Maße von ihm betroffen. Vielfach verzichtete der französische König mittels Privilegien bei bestimmten Personen, Gruppen oder Untertanen anderer Herrschaften auf sein Recht oder forderte nur einen festgesetzten Teil des Erbes ein. Zudem wurden zwischen zahlreichen Souveränen Verträge geschlossen, die in aller Regel dem Prinzip der Reziprozität folgten und in denen die Vertragspartner partiell oder ganz darauf verzichteten, das Jus albinagii auf die Untertanen des jeweiligen Kontrahenten anzuwenden. Vielfach waren diese Abkommen Bestandteil von Friedens-, Bündnis- und Handelsverträgen oder bildeten sogar eigenständige Vertragswerke.

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Ausgehend von einem erweiterten Begriff des Friedensvertrags nicht nur als Mittel zur Beendigung eines Kriegs oder Waffengangs, sondern auch als Mittel zur Konsolidierung, Ausweitung und Verlängerung des Friedens, stellt sich die Frage, ob diese das Droit d’Aubaine betreffenden Aufhebungs- bzw. Regulierungsakkorde nicht auch als Friedensinstrumente anzusehen sind.[3] Vielmals versicherten sich nämlich die Kontrahenten in den Präambeln ihrer gegenseitigen Bindung und Freundschaft. So nennt beispielsweise der Herzog Carlo Emanuele II. von Savoyen in dem am 8. April 1622 geschlossenen Vertrag mit den katholischen Eidgenossen seine Vertragspartner »amici, colligati et confederati«, und nimmt sie vom Droit d’Aubaine aus, und zwar

»non solo per l’osservanza della lega, quanto per non lasciare alcuna di quelle occasioni, […] che sono in mano n[ost]ra di mostrar a quei SS[ignori] et natione la singolar n[ost]ra affectione verso di loro, et quanto volontieri incontriamo le occasioni di far loro cosa grata«.[4]

Und auch am 24. Juni 1766 schlossen der französische König Ludwig XVI. und Kaiserin Maria Theresia einen solchen Aufhebungsvertrag 

»non-seulement de resserrer de plus en plus les liens de l’alliance, de l’union & de l’amitié sincère qui Subsistent entr’Elles, mais encore d’en faire ressentir les effets heureux à leurs Sujets«.[5]

Doch nicht immer waren die Freundschaftsbekundungen so überschwänglich. Wesentlich schlichter heißt es etwa in der am 16. Juni 1766 in Schwetzingen geschlossenen Konvention, deren 2. Separatartikel das Droit d’Aubaine zwischen den Vertragsparteien Frankreich und Kurpfalz aufhebt bzw. einschränkt, dass der Vertrag zustande gekommen sei

»d’affermir leur union réciproque« und »que le meilleur moyen d’y réussir étoit d’encarter tous les sujets de contestation entre Sa Majesté et son Altesse électorale, en faisant un nouvell arrangement définitif qui pût le faire cesser pour toujours«.[6]

Da die angeführten Passagen der Präambeln sich in ihrem Charakter teilweise stark unterscheiden, stellt sich die Frage, inwieweit sich aus ihnen Rückschlüsse auf das Verhältnis der Vertragspartner ableiten lassen. Anhand einschlägiger Exempel aus dem 15. bis 18. Jahrhundert soll deshalb untersucht werden, in welcher Form und in welchem Kontext solche Aufhebungsabkommen des Jus albinagii entstanden sind, welche Motive für deren Abschluss zugrunde lagen, ob sich verschiedene Vertragstypen bestimmen lassen und inwieweit sie Instrumente des Friedens sind. Bevor sich der vorliegende Beitrag jedoch den Aufhebungsverträgen unter diesen genannten Aspekten widmen kann, ist es geboten, vorab einen Überblick über die bisherige Forschung zum Jus albinagii sowie über dessen Entwicklung, Bedeutung, Ausbreitung und Anwendung zu geben, da dieses aus dem Mittelalter stammende Recht in der jüngeren deutschsprachigen Geschichtsschreibung kaum bekannt ist und allenfalls am Rande berührt wurde. Dies ist umso erstaunlicher, als es gerade für Untersuchungen zu aktuellen Themen wie Migration, Fremdheit, überregionalem Handel oder zwischenstaatlichen Beziehungen von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist.[7]

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Die fehlende Präsenz des Droit d’aubaine als Thema in der deutschsprachigen Forschung spiegelt sich in den knappen und unzureichenden Erklärungen in einschlägigen Nachschlagewerken, wie im Lexikon des Mittelalters, in der Enzyklopädie der Neuzeit oder im Wörterbuch des Völkerrechts.[8] Im Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte sucht man gar vergeblich nach einem Eintrag.[9] Etwas ausführlicher stellt sich hingegen der Artikel im Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte dar.[10] Auch deutschsprachige Einzeluntersuchungen berühren das Thema kaum. So wird in dem 1992 erschienenen Sammelband »Deutsche in Frankreich und Franzosen in Deutschland: 1715–1789«[11] das Thema lediglich auf einer knappen Seite angerissen, wenngleich in diesem Zeitraum rund 65[12] das Jus albinagii betreffende Verträge zwischen Frankreich und deutschen Territorien geschlossen wurden. Unter den spärlichen Literaturhinweisen, welche Lexika und Sammelband dem Leser an die Hand geben, ist vor allem der 1958 in den »Recueils de la Société Jean Bodin pour l’Histoire Comparative« erschienene zweiteilige Sammelband »L’étranger« zu erwähnen.[13] In den insgesamt 34 Beiträgen des zweiteiligen Werkes wird die Rechtsstellung von Fremden in europäischen und nicht-europäischen Gesellschaften bzw. Herrschaften thematisiert. Vor allem der zweite Teil liefert wertvolle Einzeluntersuchungen für Frankreich, Spanien, Deutschland, Ungarn, Belgien, Russland, die Schweiz und die Niederlande.

Im Gegensatz zur deutschen thematisiert die französische und angloamerikanische Geschichtswissenschaft das Jus albinagii sehr wohl. So legten Charlotte C. Wells 1995 und Peter Sahlins 2004 je eine Monografie zur Entwicklung der Staatsbürgerschaft in Frankreich vor.[14] Beide Autoren nähern sich dem Staatsbürger- bzw. Untertanenbegriff, indem sie fragen, was einen Fremden kennzeichnet und inwieweit er sich von einem Staatsbürger bzw. Untertanen unterscheidet. Auf diesem Wege setzen sie sich auch intensiv mit dem Droit d’Aubaine auseinander. Wichtige Aspekte zu der Entwicklung und den Ursprüngen des Jus albinagii im Mittelalter sowie zur Befreiung bestimmter Personengruppen von diesem Recht liefern die Untersuchungen von Bernhard d’Alteroche und Werner Paravicini, die beide im Jahr 2002 erschienen sind.[15] Während ersterer das Königreich Frankreich im Blick hat, untersucht letzterer das Herzogtum Burgund. Die Juden des spätmittelalterlichen Frankreich – als eine vom Jus albinagii betroffene Personengruppe – werden in dem 1998 publizierten Aufsatz von William Chester Jordan ins Blickfeld genommen. Thematisch im gleichen Zusammenhang, jedoch auf das 18. Jahrhundert bezogen, steht die bereits 1957 entstandene Arbeit von Zosa Szajkowski.[16] Auch sei an dieser Stelle noch einmal Peter Sahlins genannt, der in »Fiction of a Catholic France« auf verschiedene religiöse Minderheiten eingeht, auch auf die Juden, die seit der Mitte des 18. Jahrhunderts »were not considered ›aliens‹ […] nor […] ›citizens‹ or ›natural Frenchmen‹«.[17] Allerdings dient Sahlins das Droit d’Aubaine abermals vor allem als ein Kriterium zur Abgrenzung Fremder von »Staatsbürgern«. Hinzuweisen ist schließlich noch auf die grundlegenden Arbeiten von Elizabeth Bonner und Mikel Rapport aus den Jahren 1997 und 2000.[18] Während Bonner die Exemtion schottischer Untertanen vom Droit d’Aubaine bzw. deren Naturalisation in Frankreich des 15. und 16. Jahrhunderts untersucht, widmet sich Rapport der allmählichen Überwindung dieses diskriminierenden Rechts im 18. und 19. Jahrhundert.

Der Zugang zu den das Fremdlingsrecht betreffenden Aufhebungsabkommen ist mühsam, da eine systematische Sammlung ebenso wie eine kritische Edition dieser Quellen fehlt. Die Vertragstexte müssen daher aus den verschiedenen älteren Quellensammlungen von Jean Dumont, Clive Parry oder (für das Gebiet der Eidgenossenschaft) Jakob Kaiser zusammengesucht werden.[19] Die Tatsache, dass auch Friedens-, Bündnis- oder Handelsverträge Artikel zum Thema enthalten können, erschwert die Suche weiter. Eine nicht zu unterschätzende Hilfe für die Zeit zwischen 1753 und 1790 bietet dabei das Verzeichnis der Aufhebungsverträge in Peter Sahlins’ »Unnaturally French«. Erfreulich ist auch die Verfügbarkeit einiger Verträge in digitalisierter Form über die Datenbanken des Instituts für Europäische Geschichte[20] sowie des Archivs des Französischen Außenministeriums.[21]

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Der Aussage von Eugène Lefèvre de la Planche,[22] das Droit d’Aubaine sei ein so altes Herrschaftsrecht, »qu’on n’en voit point l’origine«, ist im Wesentlichen heute noch richtig, sei es hinsichtlich des Ursprungs dieses Rechts, sei es in Bezug auf die Etymologie der Begriffe aubaine und aubain bzw. ihrer lateinischen Ursprünge albinagium und albanus/albinus. Nachzuweisen ist der Begriff erstmals in einer Urkunde aus dem Jahre 820, in der Ludwig der Fromme dem Pariser Bischof Inchad und dessen Nachfolgern bestätigt, dass kein Graf oder Gerichtsherr Steuern von den Gütern der Bischofskirche erheben darf, weder von der »familia ipsius Ecclesiae, ne que de aliis liberis hominibus, vel incolis, quae rustice Albani appellantur, in ipsa terra sanctae Mariae manentibus«.[23] Der Begriff albani, mit dem die übrigen Bewohner auf dem Lande belegt werden, wird in der modernen Geschichtswissenschaft mehrheitlich vom lateinischen alibi nati (anderswo Geborene) hergeleitet.[24] 

Beim Jus Albinagii geht es aber nicht, wie die wörtliche Übersetzung des Wortes vermuten ließe, um das Fremdenrecht im Allgemeinen, sondern lediglich um einen spezifischen Aspekt des Fremdenrechts, nämlich, wie bereits angedeutet, um das Recht des Souveräns, Güter eines auf seinem Territorium verstorbenen Fremden einzuziehen. Nachzuweisen ist es ursprünglich vor allem in den mittleren und nördlichen Gebieten der ehemaligen Francia Occidentalis, d.h. im nördlichen Frankreich und in den weitgehend unabhängigen niederländischen Fürstentümern. In den südlicheren Gebieten, in denen die römische Kultur stärker verwurzelt war, hatte es hingegen keine Tradition und konnte später nur, teilweise gegen massive Widerstände, sukzessive durchgesetzt werden.[25] Dies lässt darauf schließen, dass altes römisches Recht wie beispielsweise die Lex Falcidia, welche gleichfalls Fremden zu testieren verbot und durchaus Parallelen aufweist, für das Jus albinagii weniger eine Rolle gespielt haben dürfte als germanische Rechtsvorstellungen.[26] 

So galt bei den in erster Linie personal organisierten germanischen Stämmen der Fremde, der weder durch Geburt noch Schwur an die Gemeinschaft gebunden war, als potentieller Feind und deshalb als rechtlos. Suchte man – aus ökonomischen und politischen Beweggründen – dennoch Kontakt zu anderen Stämmen oder Herrschaftsverbänden, dann gewährte man Fremden besonderen Schutz (Mundium bzw. mundiburdium), der seit karolingischer Zeit dem König oblag. Als Gegenleistung hierfür, aber auch weil der Fremde zu bestimmten gemeinschaftlichen Aufgaben, wie beispielsweise dem Waffendienst, nicht herangezogen wurde, fiel im Todesfall des Mündels dessen Nachlass seinem Schutzherrn zu.[27] Darüber hinaus kann das Fremdlingsrecht als ein Aspekt des Heimfallrechts (jus caducitati) begriffen werden: Da dem Fremden aufgrund seiner Rechtlosigkeit das aktive und passive Erbrecht abgesprochen wurde, fehlten zwangsläufig legitime Erben und das »herrenlose« Vermögen fiel als bona vacantia dem Fiskus zu.[28] In der älteren Literatur und in Quellen werden deshalb die Begriffe Jus albinagii und Heimfallsrecht synonym verwendet, was jedoch missverständlich ist, weil sich letzteres als wesentlich umfassender darstellt.[29]

Seit fränkischer Zeit in der Hand des Königs, gelangte das Jus albinagii wie auch andere Regalien mit der Auflösung des Karolingerreiches und im Zuge der fortschreitenden Feudalisierung an örtliche und regionale Herrschaftsträger wie Fürsten und adelige Lehnsherren, neben die seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert auch Städte traten. Diesen Dezentralisierungstendenzen wirkte im Westen des ehemaligen Frankenreiches das allmählich erstarkende kapetingische Königtum entgegen, das bestrebt war, diese Herrschaftstitel wieder an sich zu bringen. Im Falle des Fremdlingsrechts reichen entsprechende Versuche in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts zurück.[30] Die einheitliche Durchsetzung des Droit d’Aubaine als alleiniges, königliches Recht stieß jedoch aus den unterschiedlichsten Motiven auf heftigen Widerstand und gestaltete sich als ein langwieriger Prozess, der weit bis in die Neuzeit hineinreichte.[31]

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Neben dem Droit d’Aubaine im eigentlichen Sinne, das sich vor allem in Frankreich, Burgund und einigen Gebieten der Niederlande etablierte, finden sich in den östlichen Gebieten des einstigen Karolingerreiches andere Formen dieses Rechts wieder. Dazu gehörten das Wildfang- oder Biesterrecht sowie die gabella hereditaria. Ersteres beschränkte sich lediglich auf den Westen des Heiligen Römischen Reiches und wurde in der Kurpfalz noch bis weit ins 17. Jahrhundert ausgeübt. Nach ihm wurde ein heimatloser Mann (Wildling), der sich in einer unfreien Gemeinde niederließ, nach Jahr und Tag unfrei.[32] Bei der gabella hereditaria handelte es sich hingegen um eine 10- bis 50-prozentige Erbschaftssteuer, die Fremde bei der Ausfuhr von ererbtem Vermögen zu entrichten hatten.[33] Im Zusammenhang mit ihr wird häufig die gabella emigrationis (droit d’issue, Abfahrtsgeld) genannt, eine vergleichbare Abgabe, die Auswanderer auf mitgeführtes Vermögen entrichten mussten. Sie betraf Untertanen, das heißt Nichtfremde ebenso wie wiederauswandernde Fremde, weshalb sie kaum »als Abgeltung für den Ausfall der G[abella] Hereditaria«[34] und damit als eine Form des Jus albinagii verstanden werden kann. Die Unterscheidung dieser beiden wie auch weiterer vergleichbarer Abgaben – genannt sei hier noch die traite foraine als allgemeine Ausfuhrsteuer – ist nicht immer einfach, weil sie in frühneuzeitlichen Quellen teils undifferenziert, teils uneinheitlich mit Begriffen wie Abschoss, Abzug, Jus Detractus oder Nachsteuer bezeichnet werden.[35]

Als Gemeinsamkeit bleibt jedoch festzuhalten, dass Jus albinagii, Gabella Hereditaria und Gabella Emigrationis nicht nur eine Einnahmequelle des Souveräns bildeten, sondern vor allem den Zweck hatten, den Abfluss von Vermögen in andere Herrschaften zu erschweren beziehungsweise zu verhindern. Aus diesem Grund, aber vor allem im Zuge von Retorsionsmaßnahmen gegen Frankreich, fanden das Jus albinagii und seine verwandten Formen auch in anderen Ländern des frühneuzeitlichen Europa und sogar darüber hinaus Verbreitung. Ihr Abbau war Gegenstand und Verhandlungsmasse zahlreicher Übereinkünfte, die zunächst in Form von Privilegien, dann, seit dem 16. Jahrhundert, als Artikel in Friedens-, Bündnis- und Handelsverträgen und schließlich seit Beginn des 18. Jahrhunderts in eigenständigen Aufhebungsverträgen festgeschrieben wurden, wobei die älteren Formen durchaus weiterexistierten.[36] Die Motive für Aufhebungen und Exemtionen des Droit d’Aubaine auf zwischenherrschaftlicher Ebene konnten sehr unterschiedlich sein. Sie reichen von Wirtschaftsförderung über Territorialansprüche und territorialer Integration bis hin zur Festigung von Bündnissen und diplomatischen Beziehungen, wobei es durchaus zu Überschneidungen kommen konnte. Im Folgenden wird die Ausbildung der Vertragsformen anhand von Beispielen in den Blick genommen, die den wirtschaftlichen und kulturellen Austausch sowie die Festigung zwischenherrschaftlicher Eintracht förderten und von daher als Friedensinstrumente zu bezeichnen sind.

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Am Anfang standen personell erteilte Einzelprivilegien oder Einbürgerungen, wobei letztere hinsichtlich der Erbberechtigung den gleichen Effekt hatten. In ihren Genuss kamen vor allem solche Fremde, deren Zuzug in besonderem Maße gewünscht war und gefördert werden sollte. In der Regel handelte es sich um Personen, die im Dienste des Souveräns standen, besondere Fähigkeiten besaßen, bestimmten Berufsgruppen angehörten oder Untertanen befreundeter oder verbündeter Herrschaften waren.  Dass sich diese Beweggründe überlagern konnten, zeigt folgendes Beispiel:[37]

Am 21. April 1475 verzichtete Ludwig XI. auf die Ausübung des Droit d’Aubaine zugunsten der Mainzer Drucker, Verleger und Buchhändler Peter Schöffer und Konrad Henkis, nachdem deren Pariser Agent Herman de Stathoen verstorben war. Er verspricht, den Gegenwert der bei Stathoen gefundenen Bücher zurückzuerstatten. Als Grund für sein Entgegenkommen nennt er seine Hochachtung für seinen Verbündeten, den Römischen König, der in dieser Angelegenheit geschrieben habe, sowie für den Mainzer Erzbischof, dessen Untertanen eine bevorzugte Behandlung erfahren sollten. Zudem schätzte der französische König die Mühen und Anstrengungen, welche die beiden Mainzer Unternehmer für die Druckkunst auf sich genommen hätten zum allgemeinen Nutzen wie auch zur Mehrung der Wissenschaft.[38]

Bei seinem Verzicht auf das Jus albinagii ging es Ludwig XI. offensichtlich gleichermaßen um die Förderung des wirtschaftlichen und kulturellen Austauschs – nämlich der Druckkunst und der Verbreitung der dadurch entstandenen Produkte – wie um eine Bestätigung seines guten Verhältnisses zu den beiden deutschen Fürsten, mit denen er durch den mit Kaiser Friedrich III. am 25. März 1475 in Köln geschlossenen Allianzvertrag verbündet war. Wenngleich es sich im Falle von Peter Schöffer und Konrad Henkis um eine Einzelexemtion und nicht um einen Vertrag mit zwischenstaatlichem Charakter handelte, bekam sie durch die Intervention des Kaisers und des Mainzer Kurfürsten eine politische wie diplomatische Dimension. Gerade der Verzicht auf das Droit d’Aubaine in Bezug auf bestimmte Berufsgruppen aus bestimmten Herkunftsländern durch ein Privileg konnte Ausdruck oder Beginn eines engeren intersouveränen Verhältnisses sein, das in späterer Zeit zum Teil auf eine vertragliche Ebene gehoben wurde, wie sich im Falle der Schweizer Eidgenossen demonstrieren lässt.

Noch als Dauphin hatte der spätere französische König Ludwig XI. 1444 während der Schlacht bei St. Jakob an der Birs unweit von Basel die Schlagkraft eidgenössischer Soldaten kennengelernt. Beeindruckt hiervon war er seit dem im selben Jahr geschlossenen Frieden von Ensisheim bestrebt, den einstigen Gegner durch Bündnis- und später Freundschaftsverträge mit weitgehenden Handelsprivilegien an sich zu binden und eidgenössische Söldner in seinen Dienst zu nehmen. Abgesehen von den Auseinandersetzungen um Mailand, die mit dem am 29. November 1516 in Freiburg geschlossenen Ewigen Frieden beendet wurden, sollte das französisch-eidgenössische Bündnis für Jahrhunderte Bestand haben und eidgenössische Söldner für Frankreich kämpfen lassen.[39] Personen, die im Dienst des Königs standen, wurden in aller Regel vom Fremdlingsrecht befreit, so auch die Schweizer Garde.[40] Dies geschah lange Zeit in Form von generellen Patenten[41] zugunsten der Söldner und ihrer Familien.

In einigen dieser Privilegien kommt deutlich zum Ausdruck, dass neben Beruf oder Dienstverpflichtung jener Personen auch das Herkunftsland und das besondere Vertrauen zu diesem von Belang waren. Darüber hinaus spielten auch familiäre Bindungen eine Rolle, die nach und nach zwischen Eidgenossen und Franzosen entstanden waren – eine Entwicklung, welche in den Patenten als ein Grund für die Exemtion angegeben wird, die aber zugleich durch die Befreiung vom Droit d’Aubaine zusätzlich gefördert wurde. Entsprechend heißt es in der Anordnung vom 8. Oktober 1498, die kurz nach der Gründung der königlichen Leibgarde compagnie des Cent-Suisses[42] ausgegeben wurde und sich auf frühere Patentbriefe bezieht: In Anbetracht der Freundschaft und Wertschätzung Ludwigs XII. und seiner Vorgänger für die »très cher et très grands amis les signeurs et communautez des anciennes ligues des Hautes Alemagne« sowie der großen Anzahl von Eidgenossen, die bereits im Dienste Ludwigs XI. gestanden hätten, aber auch weil

»plusieurs desdits Suisses se fussent mariez et habituez en cesluy nostre royaume et y eussent acquis plusieurs biens, meubles, immeubles, héritages et possessions de libertés d’y demeurer et finir leurs jours«,

sei es allen Angehörigen besagter nation erlaubt, bewegliche wie immobile Güter zu erwerben und darüber zu verfügen. Eidgenossen dürften diese Güter vererben, verschenken und an ihre Frauen sowie an ihre in Frankreich geborenen Kinder weitergeben, vorausgesetzt, sie wohnten dauerhaft in Frankreich und wären dort verheiratet oder für einen zeitlich begrenzten Zeitraum gekommen, um dem Königreich zu dienen.[43]

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Im Gegensatz zu den Erlässen und Patenten finden sich in den französisch-eidgenössischen Bündnis- und Freundschaftsverträgen des 15. bis 17. Jahrhunderts keine ausdrücklichen Regelungen zum Droit d’Aubaine, sondern eher allgemeine Formulierungen wie: »Reservamusque eisdem armatis omnes et singulas emunitates privilegiaque, quibus ceteri a nobis stipendiati gaudent et pociuntur.«[44] Das änderte sich am 9. Mai 1715 mit dem Bündnisvertrag von Solothurn zwischen Frankreich und den katholischen Kantonen: Noch am selben Tag wurde der Vertrag durch ein Geheimabkommen gegen die reformierten Orte ergänzt. In diesem sogenannten »Trücklibund« wird erklärt, das offizielle Bündnis sei geschlossen worden mit dem Hauptziel des »restablissement de la Catholicité et le maintien du Louable Corps Helvetique en general.«[45] Es scheint kein Zufall, dass die Aufhebung des Droit d’Aubaine just in dem Augenblick vertraglich festgehalten wurde, als sich die katholischen Orte – wie durchaus schon zuvor – mit dem katholischen Frankreich verbündeten, aber sich zugleich – und das war neu – mit den protestantischen Eidgenossen außenpolitisch auf einen eindeutigen Konfrontationskurs begaben. Zwar folgt die vertragliche Regelung des Jus albinagii einer allgemeinen, seit der Mitte des 16. Jahrhunderts zu beobachtenden Tendenz; im hier beschriebenen Fall erscheint sie jedoch zusätzlich als Ausdruck größter politischer Nähe. Mit Artikel 24 des Bündnisvertrages werden alle (katholischen) Eidgenossen rechtlich Franzosen gleichgestellt:

»Les Suisses seront censés Regnicoles [!], et comme tels seront exempts du droit d’aubaine dans les Royaumes & états de l’obéissance du Roi en justifiant de leur naissance, et qu’ils seront sortis de leur pays avec l’agrément de leurs sup[erieu]rs«.[46]

Sie wurden zudem vom Abzug (traite foraine) befreit und erhielten im Hinblick auf die Berufswahl die gleichen Rechte wie Franzosen; eidgenössische Soldaten, die in französischen Diensten standen oder bereits drei Jahre in Folge gestanden hatten, bekamen darüber hinaus sämtliche Privilegien und Exemtionen früherer Könige Frankreichs bestätigt.

Dem Prinzip der Reziprozität folgend, wurde in Artikel 25 französischen Untertanen gestattet, Erbschaften und Besitz in der Eigenossenschaft anzutreten. Auch deren Besitzrecht sollte künftig weder dem Droit d’Aubaine noch dem Abzug oder ähnlichem unterliegen. Würde einem Franzosen ein Vermögen in der Eidgenossenschaft zufallen, sollte es die gleiche Behandlung erfahren wie das Vermögen eines Einheimischen, jedoch unter dem Vorbehalt von Regalien und anderen gebräuchlichen Rechten. Diese Formulierung legt in Hinblick auf spätere Verträge nahe, dass gegebenenfalls doch Steuern (Abzug) bei einem Vermögenstransfer erhoben werden konnten.

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Die protestantischen Kantone hingegen erlangten erst am 7. Dezember 1771 eine vertragliche Regelung über das Droit d’Aubaine. Sie wurde in einem eigenständigen Aufhebungsvertrag festgeschrieben, einem Vertragstyp, der erst Anfang des 18. Jahrhunderts aufkam, und dessen sich Frankreich verstärkt seit der zweiten Jahrhunderthälfte bediente, als das Land im Rahmen einer – auch in religiöser Hinsicht – liberaleren, von der Aufklärung geprägten Politik vermehrt intersouveräne Abkommen über die Reduzierung und Abschaffung des Droit d’Aubaine schloss.[47] In diesem Kontext muss der Aufhebungsvertrag von 1771 ebenso gesehen werden wie als Ausdruck einer Annäherung zwischen den protestantischen Kantonen und Frankreich, die durch den Sturz des französischen Außenministers Étienne-François Choiseul noch befördert wurde.[48]

In der Präambel bestätigte der französische König das gute Verhältnis zu seinen Vertragskontrahenten, die mit dem Wunsch an ihn getreten seien, das Fremdlingsrecht aufzuheben. Indem er diesem Wunsch nachkomme, gebe er

»auxdits Louable Etats des preuves de son affection et bienveillance Royale, et à se preter à tout ce qui peut affermir de plus en plus l’ancienne union conféderale, amitié et bonne intelligence«.[49]

Wenngleich es sich um eine bilaterale Abmachung in vertraglicher Form handelt, ist sie durch die Betonung des königlichen Wohlwollens mit einem Privileg vergleichbar. Auf der anderen Seite verweist der Aufhebungsvertrag deutlicher auf die gute Beziehung zwischen den Vertragsparteien als die Präambel des Bündnisvertrags mit den katholischen Eidgenossen von 1715. Offenbar sollte diese diplomatische Formulierung Vertrauen schaffen und Kontinuität suggerieren.

Inhaltlich ist der Vertrag von 1771 mit den Artikeln des Bündnisvertrags von 1715 vergleichbar. Allerdings wurden die Einschränkungen, die im Bündnisvertrag mit den katholischen Eidgenossen lediglich angedeutet waren, nun klar formuliert: Die Aufhebung galt nur, wenn dadurch keine lokalen Herrschaftsrechte von Städten, Territorien oder Lehnsgebieten berührt wurden. Ausdrücklich wurde den Souveränen zugestanden, gegen Untertanen aus jenen lokalen Herrschaften, die nicht von ihren besagten Rechten ablassen wollten, reziproke Maßnahmen zu richten.[50] Im Vergleich mit den beiden Bündnisartikeln von 1715 fällt schließlich noch das Fehlen von Abmachungen in Bezug auf eidgenössische Soldaten und deren Privilegien auf; sie waren durch das Ausscheiden der protestantischen Kantone aus dem Bündnis überflüssig geworden.

Der Einfluss von Aufklärung und Liberalismus auf die französischen Politik seit der Jahrhundertmitte sowie die allmähliche Verbesserung und Intensivierung der französischen Beziehungen zu den eidgenössischen Kantonen beider Konfessionen spiegelt sich auch in der Karriere des Schweizer Protestanten Jacques Necker wider, der sich nachdrücklich für eine gesetzliche Abschaffung des Droit d’Aubaine einsetzte.[51] Als junger Bankangestellter 1750 nach Paris gekommen, gehörte er 1762 zu den Gründern der Bank Thellusson & Necker und brachte es schließlich 1777 an die Spitze der königlichen Finanzverwaltung.[52] Nicht zuletzt seinem Einfluss war das Zustandekommen des Bündnisvertrags vom 28. Mai 1777 zwischen Frankreich und allen dreizehn, protestantischen wie katholischen, Schweizer Kantonen zu verdanken.[53] Artikel 19 bestätigte die vorherigen Vereinbarungen über das Jus albinagii, und zwar diejenigen mit den katholischen Kantonen ebenso wie den Vertrag mit den protestantischen Kantonen von 1771.[54] Wie bei letzterem wird festgeschrieben, dass hinsichtlich des Abzugs gegebenenfalls lokales Recht gelte und in jedem Fall das Prinzip der Reziprozität zu beachten sei. Da vergleichbare Einschränkungen nicht generell Gegenstand von Aufhebungsverträgen waren, die Frankreich mit anderen Souveränen schloss, dürften sie von eidgenössischer Seite eingebracht worden sein, womit deren föderaler Organisation Rechnung getragen wurde.

Im Falle der Eidgenossenschaft lässt sich zusammenfassend sagen, dass Frankreich die Exemtionen vom Droit d’Aubaine zunächst aufgrund militärisch-strategischer Interessen gewährte. Zusammen mit anderen Privilegien gehörten sie zu den Anreizen, die wegen ihrer Kampfstärke gerühmten eidgenössischen Söldner anzuwerben und sich deren Loyalität zu sichern. Die Ausweitung dieser Privilegien auf andere Teile der eidgenössischen Bevölkerung hatte eine festigende Wirkung auf das französisch-eidgenössische Bündnisverhältnis. Das Fremdlingsrecht spielte in diesem Zusammenhang eine kaum zu überschätzende Rolle, denn seine Aufhebung, die schließlich Bestandteil der Bündnisverträge wurde, räumte ein Hemmnis für Handel und Auslandsinvestitionen beiseite und vereinfachte Niederlassungen im jeweils anderen Land bis hin zur Familiengründung. In diesem Sinne, aber auch aufgrund der Freundschaftsbezeugungen in den Präambeln, sind die hier besprochenen Vereinbarungen – zunächst in Form von Privilegien, später in Form von Vertragsartikeln oder eigenständigen Verträgen – ebenso wie Handels- oder Heiratsverträge als Instrumente des Friedens anzusehen.

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Eine weitgehend analoge Entwicklung der Exemtionen vom französischen Fremdlingsrecht lässt sich auch im Falle Schottlands beobachten. Allerdings unterscheiden sich dessen Voraussetzungen in einem Punkt grundlegend von denen der Eidgenossenschaft: Durch seine monarchische Verfassung ergab sich die Möglichkeit dynastischer Verbindungen, wodurch ein zusätzliches Instrument der Friedens- und Freundschaftswahrung zur Verfügung stand und in Verbindung mit den Exemtionen vom Droit d’Aubaine wirken konnte. Bereits seit 1295 bestand zwischen Frankreich und Schottland ein vor allem gegen England gerichtetes Bündnis, die sogennante Auld Alliance, die nahezu durchgängig bis zum Vertrag von Edinburgh (1560 VII 6) Bestand haben sollte.[55] Vor allem im 15. Jahrhundert, während der Herrschaft Karls VII., bekam das Bündnis eine neue Qualität, als der französische König im Kampf gegen England in besonderem Maße auf die Unterstützung schottischer Truppen, die hohe Verluste erlitten, angewiesen war. Ausdruck für diese nun noch engeren Bande ist nicht nur die Eheschließung zwischen Karls Sohn, dem späteren Ludwig XI., und Margarethe von Schottland am 13. Juni 1436, sondern auch die Installierung der aus 200 schottischen Elitesoldaten bestehenden königlichen Leibgarde im Jahre 1445, der sogenannten »garde ecossaise«, sowie die Vergabe von Land, Lehen und Titeln an verdiente schottische Adlige seit den 1420er Jahren.[56] Knapp 30 Jahre nach der Vergabe von Land, Lehen und Titeln finden sich dann die ersten Beispiele für Schotten, denen individuell die »libertas testandi« zugestanden wurde, nachdem sie mittlerweile in Frankreich geheiratet und sich etabliert hatten. Letztlich handelt es sich dabei um nichts anderes als um weitreichende Exemtionen vom Jus albinagii, die Bonner nicht zu Unrecht als eine Form der »lettres de naturalité« verstanden wissen will.[57] Auch in der Folgezeit entstanden vielfältige familiäre Beziehungen in den unterschiedlichen sozialen Schichten bis hin zu den königlichen Familien.[58] Diese wurden durch solche individuellen Exemtionen beziehungsweise Einbürgerungen erleichtert.[59] Eine generelle, für alle Schotten gültige und umfassende Aufhebung des Droit d’Aubaine gewährte dann Ludwig XII. mit dem Naturalisierungsbrief vom September 1513. Bedrängt von der Heiligen Liga, insbesondere von den Truppen Heinrichs VIII., war er im höchsten Maße auf die Loyalität Schottlands angewiesen.[60] Dementsprechend ist im Patentbrief zu lesen:

»the laudable and commendable service which our said good brother, cousin and ally, the present king of Scotland, is actually doing us, as it is notorious, that, in the pursuance of our said friendship fellowship, confederacy and alliance, he hath voluntarily declared for us against the king of England, his brother-in-law, who is at present in our said kingdom; and moreover, hath sent us succours and arms by sea, of great number of ships and men of war, which is so timely a service, as well requires that his subjects be forever recommended and favoured in our said kingdom«.[61]

Alle Schotten, die sich in Frankreich niederlassen wollten, hätten künftig das Recht im ganzen Land Grund und Boden zu erwerben und darüber zu verfügen, »as if they were natives of said Kingdom.«[62] Auch kirchliche Ämter und Benefizien, zu denen Fremde grundsätzlich keinen Zugang hatten, durften auf sie übertragen werden. Dies war ein Novum, denn es ist kein früheres Beispiel bekannt, in dem die französische Krone die gesamten Untertanen eines verbündeten Landes ihren eigenen gleichgestellt hätte. Die Reziprozität war jedoch auch in diesem Fall Bedingung, denn: »the said King of Scotland, and his successors, shall grant and allow such and like privileges to our subjects in their said kingdom.« Wenngleich wesentliche Elemente vertraglicher Übereinkünfte wiederzufinden sind, handelt es sich hier abermals um ein Privileg und nicht um einen Vertrag im eigentlichen Sinne.

Selbst auf dem Höhepunkt der Beziehungen zwischen Frankreich und Schottland, als mit der Heirat des französischen Dauphins Franz II. mit Maria Stuart am 24. April 1558 die Königreiche vereinigt wurden, finden sich in den relevanten Verträgen[63] weder Abmachungen über das Droit d’Aubaine noch über den Status der schottischen Untertanen. Die rechtliche Gleichstellung mit den französischen Untertanen gewährte König Heinrich II. den Schotten im Juni 1558 in Form einer allgemeinen Naturalisierung (lettres de naturalisation), nachdem die

»députez des Estats du royaume d’Escosse ayent, pour et au nom desdicts Estats, faict à nostre fils le serment de fidélité, comme à leur vray et naturel seigneur qu’il est, au moyen de quoy s’estans les subjects des deux royaumes«.[64]

Offenbar beabsichtigte Heinrich II. mit der Privilegierung der Schotten, deren Integration in das neue Herrschaftsgebilde zu befördern und die Reiche zusammenwachsen zu lassen. Dazu war nicht nur die Anerkennung seines Sohnes als Souverän notwendig, sondern eben auch die rechtliche Gleichbehandlung alter wie neuer Untertanen. Diese gewährte der französische König den Schotten ausdrücklich »pour mieux establir, entretenir et fortifier ceste amitié entre nosdicts subjects et ceux dudict royaume d’Escosse.«[65] Wie bereits im Falle der Schweiz, allerdings durch die dynastischen Verbindungen mit weiterreichenden Absichten, wurden durch die Einbürgerung und der damit verbundenen Aufhebung des Droit d’Aubaine, familiäre und wirtschaftlichen Beziehungen enger geknüpft.

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Die politische und konfessionelle Situation in Schottland vereitelte jedoch die endgültige Vereinigung der beiden Reiche: Zunächst erhoben sich die schottischen Protestanten gegen die Regentschaft der katholischen Königinmutter Maria de Guise und ihrer französischen Berater; die Protestanten wurden dabei von englischen Truppen unterstützt, so dass sich Franzosen und Engländer auf schottischem Boden direkt gegenüberstanden. Nach dem Tode der Königinmutter am 11. Juni 1560 konnten sich englische und französische Abgesandte bereits am 6. Juli im Vertrag von Edinburgh auf den Abzug ihrer Truppen aus Schottland einigen, der den schottischen Protestanten das Feld überließ und formal das Ende der Auld Alliance bedeutete. Erst recht schien das Ende der alten Freundschaft besiegelt, als am 5. Dezember 1560 König Franz II. überraschend starb.[66] Doch anders als bei zahlreichen Verträgen, die aufgrund kurzfristiger Interessen zustande kamen, hatten sich während der Jahrhunderte dauernden französisch-schottischen Freundschaft, die durch eine langfristige Bündnis- und Heiratspolitik sowie dauerhafte Privilegierungen gefestigt war, zahlreiche familiäre, personelle, ökonomische wie auch kulturelle und soziale Beziehungen ergeben. Besonders auf den drei erstgenannten Gebieten wurde die Verflechtung durch die Gewährung des Erbrechts, sei es aufgrund von Exemtionen oder Naturalisierungen, gefördert, wenn nicht sogar ermöglicht.[67] Nach einer vorübergehenden Abkühlung wurden die Beziehungen bereits unter Heinrich IV. erneut intensiviert und 1599 die allgemeine Naturalisierung bestätigt ebenso wie die Handelsprivilegien schottischer Kaufleute. Weitere allgemeine Naturalisierungspatente für schottische Untertanen folgen 1612 und 1646.

1615 befreite Ludwig XIII. die Gesamtheit der britischen Untertanen vom Droit d’Aubaine. Dies geschah nicht zuletzt deshalb, weil Jakob IV. seit 1603 auch den englischen Thron inne hatte und die familiären Bande zwischen den Stuards und den Bourbonen nach wie vor fest geknüpft waren.[68]  Dass die Bindung zwischen Schottland und Frankreich in dynastischer Hinsicht auch in der Folgezeit eng war, ist hinlänglich bekannt.[69] Bemerkenswert ist aber die daraus resultierende Konsequenz, die Jean-Baptiste Denisart 1766 wiedergibt:

»Les Anglois & les autres Sujets du Roi Jacques II, qui ont suivi ce Prince en France, jouissent à certains égards des priviléges des Regnicoles. Sans être naturalisés ils forment dans ce Royaume un Corps de Peuple séparé, qui, toujours attaché à la Maison des Stuards, […] recueillent leurs successions, les partagent & disposent de leur biens, selon les Loix de leur Pays.«[70]

Indem der französische König die noch treu zu den Stuarts stehenden Untertanen vom Droit d’Aubaine befreite, genossen sie aufgrund der dynastischen Verbindung der Stuarts die alte Freundschaft Frankreichs selbst im Exil. Denisart wie zuvor Jean Bacquet 1744 schränken in ihren Schriften jedoch ein, dass nach dem Tod Franz’ II. längst nicht mehr alle Schotten in den Genuss der allgemeinen lettres de naturalisation gekommen seien, denn der Einbürgerungsbrief galt nur unter bestimmten Konditionen und solange Schottland Verbündeter, Freund und mit Frankreich vereint war. Diese Bedingung war spätestens mit der Vereinigung der Parlamente Schottlands und Englands 1707 nicht mehr gegeben.[71] Zudem sei auch bemerkt, dass der Vertrag und seine Umsetzung, Rechtsnorm und Rechtspraxis nicht immer konform waren, wovon die zahlreichen Rechts- und Erbstreitigkeiten Zeugnis geben.[72]

Die bisher besprochenen Aufhebungen des Droit d’Aubaine waren zugleich Ausdruck eines freundschaftlichen Verhältnisses der Vertragspartner sowie ein Instrument langfristiger Friedenssicherung. Sowohl im Falle Schottlands als auch der Eidgenossen waren die guten Beziehungen zu Frankreich ausgesprochen dauerhaft. Von großem Interesse ist daher der Blick auf Regelungen des Jus albinagii zwischen Frankreich und denjenigen Ländern, deren Beziehungen weniger Kontinuität besaßen oder sogar regelrechte Brüche aufwiesen. Hier lässt sich erkennen, dass sie, analog zu Heiratsverträgen,[73] gleichfalls ein Signal eines politischen Paradigmenwechsels darstellen konnten, wie die folgenden beiden Beispiele zeigen.

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Seit Ende des spanischen Erbfolgekriegs näherten sich Frankreich und Preußen diplomatisch an, was unter anderem Ausdruck in den Allianzverträgen von 1716, 1725 und 1741 fand. Ihnen folgten am 14. Februar 1753 die Handelspräliminarien von Paris mit einer 10-jährigen Gültigkeit. Verabschiedet wurde der Vertrag, weil die »union et l’amitié«, die zwischen den Majestäten herrsche, den Wunsch aufkommen lasse, alles zu tun, »qui peut augmenter & faciliter le commerce entre Leurs Sujets«. In Artikel 5 wurden reziprok für die Untertanen besagter Majestäten alle Rechte aufgehoben, die hinderlich sein könnten, um sich niederzulassen oder wegzuziehen, namentlich der Abzug und das Fremdlingsrecht.[74]

1756 erfolgte die politische Kehrtwende. Während ein französischer Unterhändler auf dem Weg nach Berlin war, um die alte Allianz zu erneuern, schloss Preußen am 16. Januar mit Frankreichs Gegner England die Westminsterkonvention ab. Frankreich war von diesem Verhalten brüskiert und wandte sich nun Österreich zu, das bereits zuvor erfolglos seine Fühler in Richtung Westen ausgestreckt hatte.[75] Mit dem Bruch zwischen Frankreich und Preußen waren nicht nur die Handelspräliminarien und somit auch die Exemtion vom Fremdlingsrecht hinfällig geworden, sondern auch ihr Verhältnis langfristig gestört. Das findet seinen Ausdruck unter anderem darin, dass Frankreich unter dem Einfluss liberaler und physiokratischer Wirtschaftslehren zwar mit nahezu jeder größeren oder wirtschaftlich relevanten souveränen und teilsouveränen Herrschaft in Europa Abmachungen über den Abbau des Droit d’Aubaine schloss; mit Preußen kam hingegen bis zum Ende des Ancien Régime kein Vertrag zustande.[76] Das fiel bereits Zeitgenossen auf: In der auflagenstarken, von August Ludwig Schlözer herausgegebenen politischen Zeitschrift »StatsAnzeigen« ist in der Ausgabe von 1785 ohne weitere Erklärungen ein Verzeichnis der vom Droit d’Aubaine befreiten »Staaten« abgedruckt. Es gibt neben einer ergänzenden Fußnote nur diesen einzigen Kommentar:

»Vielleicht findet der Leser etwas besonders darin, dass die Preußischen und KurHanoverischen Lande, die einzigen in das StatsInteresse von Deutschland mächtig wirkenden Staten sind, die noch keine Verträge über jenes verhaßte Recht geschlossen haben.«[77]

Im Gegensatz zu dem geschilderten Fall konnte im Zuge der »Umkehrung der Allianzen« der alte französisch-habsburgische Antagonismus überwunden werden. Bereits am 1. Mai 1756 wurde in Versailles sowohl ein Neutralitätsabkommen als auch ein Allianzvertrag zwischen den einstigen Gegnern geschlossen. Die französisch-österreichische Heiratspolitik wurde entsprechend der veränderten Lage neu ausgerichtet, weitere Bündnisverträge und Konventionen folgten.[78] Zu letzteren gehörte auch die eingangs zitierte Konvention über die Aufhebung des Droit d’Aubaine vom 24. Juni 1766. Die Majestäten begründen den Vertragsschluss mit dem Wunsch, die Bande ihrer Freundschaft enger zu ziehen und darüber hinaus »faire ressentir les effets heureux à leurs sujets, en facilitant le commerce respectif & la correspondance mutuelle entr’eux«.[79] Mit Freundschaft, Handel und gegenseitigem Austausch treten einem hier altbekannte Motive entgegen, von denen die beiden letztgenannten in den Verträgen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts immer häufiger explizit erwähnt wurden. Ökonomische Beweggründe spielten zwar für die Aufhebungen des Fremdlingsrechts bereits von Anbeginn unseres Betrachtungszeitraums eine Rolle, aber eher in dem Sinne, Personen und Personengruppen mit bestimmten Fähigkeiten anzuwerben. Nun galt es aber im Sinne einer liberaleren Wirtschaftspolitik insgesamt, den gegenseitigen Handel und Austausch zu fördern.[80] Dies sollte nicht nur dem Wohlstand, sondern nach Einschätzung von Zeitgenossen auch dem Frieden zugute kommen. So erklärte Charles de Secondat Montesquieu 1748:

»L’effet naturel du commerce est de porter à la paix. Deux nations qui négocient ensemble se rendent réciproquement dépendantes: si l’une a intérêt d’acheter, l’autre a intérêt de vendre; et toutes les unions sont fondées sur des besoins mutuels.«[81]

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Neben solchen Übereinkünften zur Aufhebung des Droit d’Aubaine, die Frankreich aus Gründen der Freundschaft, Bündniskonsolidierung oder Handelsförderung schloss, und die direkt oder indirekt den Friedensinstrumenten zuzurechnen sind, gibt es auch Beispiele, in denen die Aufrechterhaltung oder Durchsetzung von Herrschaftsansprüchen sowie die territoriale Integration als Motive im Vordergrund standen. Kennzeichnend für diese Abkommen ist, dass nicht gesamtheitlich alle Untertanen der Vertragspartner privilegiert wurden, wie beispielsweise im Falle von Freundschaftsverträgen, sondern nur diejenigen, die im umstrittenen, in der Regel geteilten Territorium ansässig waren. Es mag paradox erscheinen, dass dieser Typ vornehmlich in Friedensverträgen zu finden ist, da der Entstehungshintergrund ein gewisses Konfliktpotential barg. Der französische König bekundete nämlich durch solche territorial begrenzten Aufhebungen des Droit d’Aubaine mittelbar seinen Machtanspruch auf verlorene oder unvollständig eroberte Territorien, indem er die neuen beziehungsweise einstigen Untertanen durch die Privilegierung an sich band. Auf der anderen Seite belebten entsprechende Abmachungen zum Nutzen aller Vertragsparteien den wirtschaftlichen Austausch und förderten persönliche Bindungen in den privilegierten Gebieten. Darüber hinaus reduzierten sie Spannungen, zu denen es im Rahmen von Erbschaftsangelegenheiten kommen konnte, weil angesichts neuer Machtverhältnisse einstige Untertanen zu Fremden geworden waren und Erbschaften naher Angehöriger im anderen Gebietsteil unter Umständen entfernten Verwandten oder dem Souverän überlassen werden mussten.

Ein Beispiel für eine solche begrenzte Aufhebung, die einen territorialen Anspruch manifestiert und zugleich auch einen Blick auf weitere Motive zulässt, bietet der 1529 geschlossene Frieden von Cambrai.[82] Er gehört zu einer ganzen Reihe von Friedensverträgen, mit denen versucht wurde, die habsburgisch-französischen Konflikte um die Vorherrschaft in Europa beizulegen. Einen immer wiederkehrenden Zankapfel bildete hierbei das an die Habsburger gefallene burgundische Erbe mit seinen niederländischen Besitzungen, die zum Teil einst unter französischer Lehnshoheit gestanden hatten. Artikel 2 des Vertrages von Cambrai bestätigte zunächst den dreieinhalb Jahre zuvor geschlossenen Frieden von Madrid in vollem Umfang, jedoch mit einigen Änderungen und Neuerungen im Detail. Zu diesen Änderungen gehörte auch die in Artikel 20 festgeschriebene Aufhebung des Droit d’Aubaine für alle Franzosen in den unter habsburgischer Herrschaft stehenden Niederlanden und umgekehrt für die habsburgischen Untertanen dieser Gebiete in Frankreich. Konkret handelte es sich bei den besagten habsburgischen Gebieten um die Herzogtümer Brabant, Limburg, Luxemburg sowie um die Graf- und Herrschaften Flandern, Artois, Burgund, Hennegau, Ostervant, Namur, Holland, Seeland, Tournai, das Tournesis, Salins und Mecheln. Anders als sonst üblich und auch in der Präambel des Friedens von Cambrai formuliert, wird die Übereinkunft zum Droit d’Aubaine nicht mit der Freundschaft zwischen den Ländern und ihren Souveränen motiviert, sondern ausdrücklich

»pour nourrir & entretenir vraye & bonne Amitié, communication & intelligence entre les  S u b j e t s,[83] manans & habitans de Duchez, Comtés Terres & Seigneuries dudit Seigneur Empereur & Pais de pardeça, & les Subjets, manans & habitants dudit Royaume de France«.

Diese Formulierung deutet auf Auseinandersetzungen zwischen den französischen und habsburgischen Untertanen hin, die mit dem Verzicht des französischen Königs auf die Souveränitätsrechte über die umstrittenen niederländischen Gebiete zu erklären sind. Durch diesen Verzicht waren die Untertanen der ursprünglich unter französischer Lehnshoheit stehenden Gebiete nunmehr zu Fremden in Frankreich geworden und somit dort nicht mehr erbberechtigt. Umgekehrt galt dasselbe. Dieses Problem, das sich bereits durch den Vertrag von Madrid ergeben hatte, ohne dort aber behandelt worden zu sein, wurde jetzt einer Lösung zugeführt.[84]

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Offenbar gab es jedoch noch andere Gründe für die vertragliche Regelung des Droit d’Aubaine im Vertrag von Cambrai: John Glissen vermutet, dass diese vertragliche und reziproke Aufhebung des Droit d’Aubaine dem französischen König durch Kaiser Karl V. aufgezwungen worden sei, nachdem ersterer auf seine Oberherrschaft über Flandern, Artois und Tournai verzichtet hatte, denn: »le droit d’Aubaine, de minime importance dans les principautés belges, pesait par contre lourdement sur les étrangers en France.«[85] Allerdings lag diese Reglung durchaus auch im Interesse Franz’ I. Wenn er die Gebiete nicht endgültig verloren geben und das Band zu seinen ehemaligen Untertanen nicht gänzlich zerschneiden wollte, musste er bestrebt sein, durch eine entsprechende Privilegierung alte Loyalitäten zu erhalten und neue zu schaffen, so dass die kulturellen, wirtschaftlichen und familiären Bindungen zwischen Frankreich und den Niederlanden auch in Zukunft wirksam bleiben konnten.

Zwar wurden solche reziproken Exemtionen während der heißen Phasen der habsburgisch-französischen Auseinandersetzung immer wieder kassiert; sie wurden jedoch ebenso regelmäßig wieder in die darauf folgenden Friedensschlüsse aufgenommen.[86] So findet sich die besagte Übereinkunft 1544 im Friedensvertrag von Crépy im weitgehend gleichen Wortlaut wieder.[87] Und auch die reduzierte, allgemein gehaltene Formulierung in den Verträgen von Câteau-Cambrésis 1559[88] und Vervins 1598 ist als Bestätigung der Aufhebung des Droit d’Aubaine zu verstehen. In letzterem heißt es:

»Les Villes, Sujets, Manans, & Habitants des Comtez de Flandre & Artois, des autres Provinces des Pais-Bas, ensemble du Roiaume d’Espagne, jouiront des Privileges, Franchises, & Libertez, qui leur ont esté accordées par les Rois de France, Predecesseurs dudit Sieur Roi Tres-Chretien.«[89]

Ausdrücklich hervorgehoben sei die Tatsache, dass die erwähnten Verträge keineswegs für alle Untertanen Frankreichs und des Hauses Habsburg galten. In ihren Genuss kamen nur die Untertanen jener niederländischen Gebiete, die Frankreich an seinen Konkurrenten verloren hatte, aber weiterhin beanspruchte. Von daher können sie, entgegen anderen Forschungsmeinungen, keinesfalls mit jenen Aufhebungen in eine Reihe gestellt werden, welche Frankreich mit den inzwischen eigenständig geworden Generalstaaten seit den 1630er Jahren im Zuge von Bündnis- und Handelsverträgen vereinbarte.[90]

Zu vergleichbaren Regelungen kam es auch bei französischen Gebietsgewinnen wie den katalonischen Grafschaften Rosselò und Cerdanya. Nachdem erstere mit dem Pyrenäenfrieden von 1659 vollständig, letztere teilweise an Frankreich gefallen war, bildeten sie fortan die französische Grafschaft Roussillon. Katalanen aus Spanien waren dort vom Droit d’Aubaine ebenso befreit wie die neuen französischen Untertanen in Katalonien.[91] Neben dem Ziel, dass die neuen Untertanen keine Nachteile in Kauf zu nehmen hatten, was ihrer Integration diente, dürfte auch hier die Hoffung auf weitere katalonische Gebietsgewinne sowie die Grenzsicherung eine Rolle gespielt haben. Letztes entspräche ganz der französischen Politik in wichtigen Grenz- und Hafenstädten des Königreichs, in denen nicht selten Fremde gleich welcher Herkunft privilegiert wurden, um den Zuzug zu fördern und Loyalität zu schaffen.[92]

Dass Frankreich das Droit d’Aubaine bzw. dessen Aufhebung als politisches Mittel zur Durchsetzung von Territorialansprüchen nutzte, lässt sich mit Einschränkungen auch im Falle des Herzogtums Lothringen beobachten. Das weitgehend lehnsunabhängige Herzogtum wurde infolge von Thronstreitigkeiten 1633 durch Frankreich besetzt. Mit dem Vertrag von Paris 1661[93] erhielt Herzog Karl IV. von Lothringen sein Herzogtum zurück, setzte jedoch bereits ein Jahr später im Vertrag von Montmartre König Ludwig XIV. zum Erben Lothringens ein, gegen eine Zahlung von einer Million Talern und die Aufnahme der lothringischen Prinzen in den französischen Geblütsadel. Wenngleich der Herzog den Vertrag 1669 widerrief, waren Frankreichs Ansprüche nun vertraglich untermauert, so dass König Ludwig XIV. Lothringen im Jahre 1670 erneut besetzen ließ. Erst mit dem Vertrag von Rijswijk 1697[94] konnte das Herzogtum wieder hergestellt werden.[95] Während die lothringischen Untertanen im 16. Jahrhundert dem Droit d’Aubaine unterworfen waren, änderte sich mit der Besetzung ihr Status, der sich jedoch zunächst nicht eindeutig darstellt.[96] Für die Zeiten der französischen Besetzung dürfte jedoch der Grundsatz gegolten haben, dass jene,

»qui sont nés & qui demeurent dans une Province conquise par la France, sont tenus & et réputés comme originairement natifs du Royaume & affranchis du Droit d’aubaine, si depuis la conquête & avant la restitution à l’ancien Souverain par la paix, ils viennent s’établir en France«.[97]

Mit der Restitution 1697 waren die Untertanen Herzog Leopolds von Lothringen und König Ludwigs XIV. von Frankreich offenbar wieder dem Droit d’Aubaine im jeweils anderen Land unterworfen. Ausgenommen waren allerdings wieder jene einst lothringischen Gebiete, die mit den Verträgen von 1661, 1667 und 1697 an Frankreich gekommen waren. Für sie wurden bereits durch die Deklarationen vom 24. und 28. Mai 1701 reziproke Ausnahmeregelungen vereinbart. Dies geht unter anderen aus dem Aufhebungsvertrag vom 24. Januar 1702 hervor, in dem die Bedingungen für eine allgemeine Abschaffung des Droit d’Aubaine vereinbart wurden.[98] Geschlossen wurde der Aufhebungsvertrag auf Initiative des Lothringer Herzogs, worauf die Präambel ausdrücklich verweist:

»Le Roi estant bien ayse de marquer en toutes occasions l’estime et la consideration particulieres que Sa Majesté á pour Monsieur le Duc de Lorraine, elle a ecouté aggreablement les Instances qui luy ont esté faites de la part de ce Prince.«

Wenngleich der König dem Herzog seine Wertschätzung und besondere Achtung bezeugt, erscheint Ferdinand von Lothringen als Bittsteller. Dies kann – mit aller Vorsicht – als Ausdruck des Verhältnisses zwischen den beiden Souveränen verstanden werden – ein Verhältnis, in dem Frankreich dominierend war und das sich zur Zeit des Vertragsabschlusses alles andere als freundschaftlich darstellte, wie die erneute Besetzung des Herzogtums nur wenige Monate später bestätigen sollte. Dass unter diesen Umständen Frankreich überhaupt ein Interesse an diesem Vertrag hatte, ist nur im Rahmen seiner langfristigen Expansions- und Integrationspolitik zu verstehen. Im Falle Lothringens führte diese 1737[99] beziehungsweise 1766[100] endgültig zum Erfolg, nachdem Frankreich die breite Palette diplomatischer Instrumente eingesetzt hatte, die neben militärischen Aktionen, Geldzahlungen, Heiratsverträgen auch die Aufhebung des Droit d’Aubaine einschloss.[101]

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Der vorliegende Beitrag hat erstmalig das Droit d’Aubaine und dessen Aufhebungsabkommen im Rahmen historischer Friedensverträge untersucht. Die Untersuchung bildet jedoch nur einen kleinen Aspekt eines Themas, das in der deutschen Geschichtswissenschaft in Vergessenheit geraten ist, obwohl es das frühneuzeitliche Leben in vielfacher Hinsicht beeinflusste. Wie sehr es die Zeitgenossen beschäftigte, belegen deren zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen, die nicht oder kaum beachtet der Auswertung harren.[102] Es wäre erfreulich, wenn ein Impuls hierfür von diesem Beitrag ausgehen würde, als dessen Ergebnis sich Folgendes festhalten lässt:

  • Eine Aussage über die Beziehungen der Vertragspartner nur anhand von Freundschaftsbezeugungen und ähnlichen Formulierungen in den Präambeln oder in den Einleitungssätzen einzelner Artikel lässt sich nicht treffen, da in den ausgewählten Beispielen keine Systematik zu erkennen ist. Überschwängliche ebenso wie schlichtere Formulierungen finden sich sowohl in solchen Fällen, bei denen aus dem Kontext heraus ein gespanntes Verhältnis zu vermuten ist, als auch in solchen, bei denen eine gute Beziehung angenommen werden darf. Die Gründe hierfür dürften vielfältig gewesen sein. Es mögen dabei allgemeine stilistische Wandlungen im Laufe der Zeit ebenso eine Rolle gespielt haben wie diplomatische Sensibilitäten und Rücksichtsnahmen. Es wird allerdings nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass anhand dieser Freundschafts- und Respektbezeugungen Rückschlüsse in diese Richtung gemacht werden können. Hierfür wäre aber eine weitergehende Analyse einer Serie von Urkunden eines begrenzten Zeitraums notwendig.
  • Die intersouveränen Abkommen über das Droit d’Aubaine variierten in ihrer Form und unterlagen einer Fortentwicklung. Ihre Ursprünge liegen in personell erteilten Einzel- oder Gruppenprivilegien in Form von Patenten oder Erlässen, die nicht als Verträge im eigentlichen Sinn bezeichnet werden können. Sie wurden den Begünstigen aufgrund besonderer Fähigkeiten gewährt, die für das Gastland von Interesse waren. Nach und nach wich dieses Personalitätsprinzip einem Territorialitätsprinzip: Indem mit der Beschreibung intersouveräner Beziehungen zunehmend politische Aspekte in die betreffenden Erlasse und Patentbriefe einflossen und die Reziprozität als Voraussetzung für eine allgemeingültige Exemtion festgeschrieben wurde, erhielten diese Privilegien immer stärker den Charakter von zwischenstaatlichen Verträgen. Seit dem 16. Jahrhundert sind dann im Rahmen von größeren Vertragswerken, wie von Friedens-, Bündnis-, oder Handelsverträgen erste vertragliche Vereinbarungen über das Droit d’Aubaine nachweisbar. Regelrechte Aufhebungsverträge, die ausschließliche das Droit d’Aubaine thematisieren, wurden mit der Etablierung aufgeklärter und liberaler Wirtschaftsideen im 18. Jahrhundert, insbesondere während der 2. Jahrhunderthälfte, abgeschlossen. Die neuen Vertragsformen verdrängten die älteren nur langsam und keineswegs vollständig.
  • Drei Motive allgemeingültiger Aufhebungen des Droit d’Aubaine können unterschieden werden:
    - die Konsolidierung von intersouveränen Beziehungen und Bündnissen;
    - die Förderung von Wirtschaft und Handel;
    - die Festschreibung von Machtansprüchen beziehungsweise Integration umstrittener, in der Regel geteilter Territorien. 

Zudem kann die Aufhebung bzw. die Wiedereinführung des Droit d’Aubaine ein Indikator eines politischen Paradigmenwechsels sein. Verträge zur Aufhebung des Droit d’Aubaine aus den beiden erstgenannten Motiven sind aufgrund ihres Zustandekommens wie auch aufgrund ihrer Wirkung entsprechend des in der Einleitung beschriebenen, erweiterten Friedensvertragsbegriffs als Instrumente des Friedens zu bezeichnen. Weniger eindeutig gilt dies für Aufhebungen aus dem dritten Motiv, auch wenn solche Aufhebungen meistens Teil eines Friedensvertrags im engeren Wortsinn waren. Auch sie hatten zwar in ihrer Wirkung ein befriedendes Element, da sie den Handel und gegenseitigen Austausch mit sowie Niederlassungen in dem jeweils fremden Gebietsteil förderten und vereinfachten. Allerdings barg der Hintergrund solcher Vertragsartikel Konfliktpotential, weil der territoriale Status quo indirekt in Frage gestellt wurde. Dies zeigt, dass die Wirkung der Aufhebung des Droit d’Aubaine auf die Untertanen von der auf die Souveräne unterschieden werden muss. Dennoch ist kein Fall bekannt, in dem das Droit d’Aubaine oder seine Aufhebung unmittelbarer Anlass eines Krieges gewesen wäre. Zudem machten solche Aufhebungen des Droit d’Aubaine aufgrund von Machtansprüchen, wenn überhaupt, nur einen kleinen Teil der Übereinkünfte in Friedensverträgen aus. Es stellt sich deshalb die generelle Frage, inwieweit Friedensverträgen allgemein Konfliktpotential innewohnte und sie der Friedenssicherung dienten, zumal zahlreiche Beispiele bezeugen, dass gerade sie Ausgangspunkt neuer Kriege waren. Trotz der ambivalenten Stellung der übrigens vergleichsweise seltenen dritten Kategorie, dienten die Aufhebungsakkorde in ihrer Gesamtheit und der Erhaltung des Friedens, insbesondere dann, wenn sie langfristig ihre Wirkung entfalten konnten. Somit ist die im Titel gestellte Frage positiv zu beantworten.

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ANMERKUNGEN

[*] Peter Seelmann, M.A., Institut für Europäische Geschichte Mainz, Wiss. Mitarbeiter im DFG-Projekt »Europäische Friedensverträge der Vormoderne Online«.

[1] La Constitution du 3 Septembre 1791, Chapitre IV, Titre VI. Conseil constitutionnel der Republik Frankreich, http://www.conseil-constitutionnel.fr/textes/constitution/c1791.htm. Bereits bevor das Droit d’Aubaine per Verfassung abgeschafft wurde, verabschiedete die Nationalversammlung am 6. August 1790 ein entsprechendes Gesetz. Weitere Gesetze folgten: Am 22. Februar 1791 wurde das Droit d’Aubaine als Feudalrecht abgeschafft, am 1. April 1791 wurden allen Fremden uneingeschränktes Erbrecht zugestanden und am 13. April 1791 wurde per Dekret die Aufhebung des Droit d’Aubaine auf die Kolonien ausgeweitet, vgl. Mavidal, Archives parlementaires 1867–1913, Bd. 17, S. 628–630, Bd. 23, S. 399, Bd. 24, 1886, S. 495 f. und Bd. 25, 1886, S. 10. Sahlins, Unnaturally French 2004, S. 278–282, spricht angesichts dieser nacheinander erlassenen Gesetze von einer »Quadruple Abolition« des Droit d’Aubaine.

[2] Der Begriff Droit d’Aubaine wird meist in der jüngeren Historiographie und auch hier in dieser engen Bedeutung verwendet. Vgl. hierzu Wells, Law 1995, S. 15., die explizit zwischen droit d’aubaine und aubain laws unterscheidet. Seltener wird der Begriff in einem erweiterten, nicht immer eindeutigen Sinn gebraucht. Thieme, Rechtsstellung 1958, S. 206 u. 212, verwendet ihn sowohl in der besagten engeren Bedeutung wie auch als Synonym für Erbbesteuerung von Fremden allgemein und dementsprechend für das jus detractus (Abschoss, Abzug). Ähnlich Erler, Gabella Emigrationis 1971, Sp. 1367, der unter Droit d’Aubaine alle jene Reche versteht, »die dem König in bezug auf Fremde zustehen.« Zur Terminologie sowie zu den verschiedenen Formen der Erbbesteuerung siehe Abschnitt 83.

[3] Zu dieser Definition siehe auch Peters, Friedensverträge 2006.

[4] Befreiung der katholischen Eidgenossen vom Jus Albinagii 1622 IV 8, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters, http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege (eingesehen am 15. März 2008).

[5] Aufhebungsvertrag von Wien über das Droit d’Aubaine 1766 VI 24, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters, http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 15. März 2008).

[6] Konvention von Schwetzingen 1766 VI 16, gedruckt in CTS, 43, S. 347 ff.

[7] Ausdruck dieses Interesses sind beispielsweise der in Trier angesiedelte Sonderforschungsbereich 600 »Fremdheit und Armut«, das DFG-Projekt »Minderheiten in der Frühen Neuzeit«, die von Heinz Duchhardt und Franz Knipping herausgegebene Reihe »Handbuch der Geschichte der internationalen Beziehungen«, oder der Sammelband Kugeler, Internationale Beziehungen 2006.

[8] Anex-Cabanis, Aubaine 1980, Sp. 1182 f.; Hofer, Fremdenrecht 2006, Sp. 1224; Schnitzler, Fremdenrecht 1960, S. 566 ff. Nicht immer wird man unter den Lemmata »Aubaine« oder »Droit d’Aubaine« sowie ihren Übersetzungen (lat. jus albinagii, albinagium, dt. »Fremdlingsrecht«; ital. »Albinaggio«) fündig. Kontrolliert wurden deshalb ggf. auch Begriffe wie »Abzug«, »Fremdenrecht«, »Fremder«, »Heimfall(srecht)«, »Jus gentium«, »Rückfallsrecht« und »Wildfangrecht«.

[9] Köbler, Lexikon 1997. Gesucht wurde nach den in Anmerkung 8 angegebenen Begriffen.

[10] Koehler, Fremde 1971, Sp. 1266–1270 und Thieme, Fremdenrecht 1971, Sp. 1270–1272.

[11] Mondot, Deutsche in Frankreich, Franzosen in Deutschland 1992. Lediglich im Beitrag Schröder, Rechtsstellung 1992, S. 253 f., wird das Droit d’Aubaine kurz erklärt.

[12] Die Zahl setzt sich aus jenen Verträgen zusammen, die bei Sahlins, Unnaturally French, S. 335–340 für den Zeitraum von 1753–1791 aufgeführt sind, sowie – für die Zeit davor – aus jenen, die in den CTS-Bänden 23–40 verzeichnet sind.

[13] LÉtranger, Brüssel 1958.

[14] Wells, Law; Sahlins, Unnaturally French.

[15] Alteroche, Étranger 2002; Paravicini, La cour 2002.

[16] Jordan, Home Again 1998; Szajkowski, The Jewish status 1957.

[17] Sahlins, Fictions 1994, sowie ders., Unnaturally French, S. 51 f. u. 162–164. Zitat ebd., S. 52.

[18] Bonner, French Naturalization 1997; Rapport, Languishing Branch 2000.

[19] Dumont, Recueil des Traitez 1726–1731; CTS; Kaiser, Eidgenössische Abschiede 1856–1886.

[20] Heinz Duchhardt / Martin Peters, http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege (eingesehen am 4. März 2008).

[21] Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 4. März 2008).

[22] Eugène Lefèvre de la Planche war von 1692 bis 1731 Advokat der Domänenkammer des französischen Königs. Zitiert nach Sahlins, Fictions, S. 104, Anm. 10.

[23] Zitiert nach Ragueau, Glossaire 1882, S. 45 f.

[24] Ebd., ebenso Wells, Law, S. 16; Anex-Cabanis, Aubaine, Sp. 1182. Alle drei Autoren weisen noch auf die These hin, dass sich der Begriff albanus auch von Albion herleiten könne, einer alten, wahrscheinlich keltischen Bezeichnung für die Britischen Inseln: Ende des 8. Jahrhunderts, d.h. zeitlich nur wenige Jahre vor Ausstellung der zitierten Urkunde, lösten Normannenangriffe im Norden der Britischen Inseln eine Flüchtlingsbewegung aus. Die Bedrängten suchten im Frankenreich Zuflucht. Wegen ihrer Herkunft, so die Überlegung, seien diese Emigranten von den Franken Albani genannt worden, ein Ausdruck, der später synonym für die Fremden im Allgemeinen geworden sei. Bei Berner, Heimfallsrecht 1860, S. 87 finden sich noch weitere, jedoch weniger überzeugende Erklärungen.

[25] Vgl. Sahlins, Unnaturally French, S. 6 u. 46; Wells, Law, S. 16; Glissen, Étrangers en Belgique 1958, S. 234 f.; Berner, Heimfallsrecht, S. 90.

[26] Vgl. Wells, Law, S. 16; Berner, Heimfallsrecht, S. 86 f.

[27] Koehler, Fremde, Sp. 1266 f.; Schnitzler, Fremdenrecht, S. 566. Ausführlich hierzu auch Wells, Law, S. 16.

[28] Tomaschek, Heimfallsrecht 1882, S. 1.

[29] Beispielsweise bei Danz, Handbuch 1796–1823, Bd. 3, S. 130, § 320. Zudem verweist Tomaschek, Heimfallsrecht, S. 2, im gleichen Zusammenhang auf das Hofdecret vom 24. März 1825 (Justiz-Gesetz-Sammlung Nr. 2080), in dem der Begriff des Heimfallsrechtes im Sinne von Abschossgeld (siehe Abschnitt 83) gebraucht wird. Berner, Heimfallsrecht, S. 86 benutzt den Begriff Heimfall zwar auch synonym zu Droit d’Aubaine, differenziert aber zwischen Privat- und Völkerrecht und ordnet letzteres dem völkerrechtlichen Heimfall zu.

[30] Sahlins, Fictions, S. 87; Boulet-Sautel, L’aubain 1958, S. 89 f.; vgl. auch Contamine, Frankreich 1989, Sp. 747–761.

[31] Feudalherren, die zuvor das Droit d’aubaine ausgeübt hatten, sahen sich ihrer Einnahmequelle beraubt. Unter Verweis auf das Gewohnheitsrecht (coutume) konnten sie es jedoch zum Teil weiterhin für sich sichern. Andere Herrschaftsträger, insbesondere Städte, die stark vom Handel abhingen und das Fremdlingsrecht nicht ausgeübt hatten, fürchteten durch die Einführung ökonomischen Nachteile und erreichten – gleichfalls mit dem Hinweis auf ihre coutume – Exemtionen. Auch Gebiete wie die Provence oder das Languedoc, die erst verhältnismäßig spät unter französische Herrschaft kamen und in römischer Rechtstradition standen, wehrten sich bis Ende des 17. Jahrhunderts erfolgreich gegen die Einführung des Droit d’aubaine. Vgl. Boulet-Sautel, L’aubain, S. 91; Villers, La condition 1958, S. 146; Wells, Law, S. 16; Sahlins, Unnaturally French, S. 46.

[32] Zum Wildfangstreit Blickle, Freiheit 2003, S. 106–118; Dotzauer, Wildfangstreit 1984, S. 81–105; Stammler, Rechtsleben 1928–1932, Bd. 1, S. 237–248; Brunner, Wildfangstreit 1896.

[33] Thieme, Rechtsstellung, S. 212. Ob das Droit d’Aubaine ursprünglich im gesamten Gebiet des karolingischen Reiches verbreitet war und später aufgrund der Authentika omnes peregrini Friedrichs II. aus dem Jahre 1220 auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches zur Gabella hereditaria abgemildert wurde, wie bei Sahlins, Unnaturally French, S. 33 und Berner, Heimfallsrecht, S. 88 f., zu lesen ist, bleibt fraglich, da der Stauferkönig Fremde bzw. Gäste generell die freie testamentarische Verfügung über ihre Güter einräumte und keine Erbschaftssteuer für Fremde vorsah. Die Authentika Friedrichs II. erwähnt auch Koehler, Fremdenrecht, Sp. 1268, allerdings ohne diese Kausalität herzustellen.

[34] Erler, Gabella Emigrationis 1971, Sp. 1367.

[35] Verzijl, Nationality 1972, S. 410. Vgl. Blickle, Freiheit, S. 219; Erler, Gabella Emigrationis; Thieme, Rechtsstellung, S. 212 f.; Stolz, Jus albinagii 1913, besonders S. 222–224 u. 229.

[36] Eine vergleichbare Entwicklung hat auch Weindl, Europäische Handelsverträge 2008, Abschnitt 36–55 für Handelsverträge festgestellt.

[37] Vgl. Sahlins, Unnaturally French, S. 50; Wells, Law, S. 109 f.; Villers, La condition, S. 141 f.

[38] Vgl. den bei Isambert, Recueil général 1821–1833, Bd. 10, S. 711, abgedruckten Brief, in dem der Französische König auf das Droit d’Aubaine verzichtet »pour considération de ce que très-haut et très-puissant prince, nostre très-cher et très-amé frere, cousin et allié le roi des Romains nous a escrit de cette matiere, aussi que lesdits Hanequis et Scheffre sont sujets et des pays de notre très-cher et très-amé cousin l’archevesque de Mayence, qui est nostre parent, amy, confédéré et allié, qui pareillement sur ce nous a escrit et requis, et pour la bone amour et affection que avons à lui, desirant traiter et faire traiter favorablement tous ses sujets, ayant aussi considération de la peine et labeur que lesdits exposants ont prins pour ledit art et industrie de l’impression, et au profit et utilité qui en vient et peut en venir à toute la chose publique, tant pour l’augmentation de la science que autrement.«

[39] Dubois, Frankreich 2005, S. 652–654.

[40] Vgl. Wells, Law, S. 48.

[41] Zur Bedeutung des Begriffs lettres patents siehe den Artikel »Lettres Patents«, in: Diderot / D’Alambert, Encyclopédie 1751–1765, Bd. 9 (1772), S. 426 f., sowie den Artikel H., Patent 1840.

[42] Vgl. Henry, Fremde Dienste 2005.

[43] Isambert, Recueil général, Bd. 11 (1827), S. 310.

[44] Königliche Ausfertigung des Bündnisvertrags zwischen Frankreich und den Eidgenossen 1474 I 2 (i.e. 1475 nach Circumcisionsstil). Zitiert nach Kaiser, Eidgenössische Abschiede, Bd. 2.b, S. 919.

[45] Geheimabkommen von Solothurn 1715 V 9, gedruckt bei Kaiser, Eidgenössische Abschiede, Bd. 7.1, S. 1379.

[46] Bündnis von Solothurn 1715 V 9, in: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 25. Februar 2008).

[47] Vgl. hierzu Sahlins, Unnaturally French, S. 13 u. 49; Rapport, Languishing Branch, S. 19 und Wells, Law, S. XVII u. 129 f.

[48] Vgl. Gern, Frankreich 2005.

[49] Konvention von Solothurn über die gegenseitige Abschaffung des Droit d’aubaine 1771 XII 7, in: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 30. Februar 2008).

[50] Ebd., Artikel 1: »Declarant toutefois n’entendre énoncer que les droits, qui compétent à Sa Majesté et aux[dites] Louables Etats, sans préjudicier en rien aux droit généralement quelconques affectés aux Domaines particuliers des Villes, Terres et Fiefs de leurs dominations, reservant au contraire au Souverains respectives la Faculté d’user du reciproque envers les Sujets des dites Villes, Terres ou Fiefs, qui ne voudrait pas se relâcher desd[ites] droits.« Vgl. auch Artikel 3.

[51] Necker, De l’administration 1784, Bd. 3, S. 309 f.

[52] Vgl. Schneider, Necker 2006.

[53] Allianzvertrag von Solothurn 1777 V 28, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters, http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 15. März 2008).

[54] Ebd. In Artikel 19 ist das Jahr 1772 genannt. Trotzdem kann es sich hierbei nur um den gerade besprochenen Vertrag vom 7. Dezember 1771 handeln, der von Frankreich allerdings erst am 20. Januar 1772 ratifiziert wurde. Vgl. ebd. die französische Ratifikation auf Seite 12 der pdf-Datei.

[55] Lediglich Ludwig XII. von Frankreich und Jakob II. von Schottland erneuerten die Auld Alliance nicht. Zu den Gründen siehe Bonner, Auld Alliance 1999, S. 20 f.

[56] Siehe hierzu ebd., S. 6, 17 f. u. 22, sowie dies., French Naturalization, S. 1102.

[57] Ebd., S. 1085 u. 1087.

[58] So war Jakob V. zunächst mit Madeleine von Frankreich, einer Tochter Franz’ I., verheiratet. Nach deren frühem Tod heiratete er am 18. Mai 1538 Maria von Lothringen, Tochter eines Pairs von Frankreich. Gemeinsame Tochter und – nach dem Tod ihrer Brüder – Thronerbin war Maria Stuart, die dann wiederum die Ehe mit Franz II. einging. Eine Übersicht über die Heiratsverträge zwischen dem französischen und dem schottischen Königshaus für die Zeit von 1295 bis 1661 gibt Bonner, French Naturalization, S. 1102.

[59] Ebd. sind auch Einbürgerungen sowie die Vergabe von Titeln, Land und Lehen aufgeführt.

[60] Leicht könnte das nur mit Monat und Jahr datierte Patent als Kompensation für das Desaster der Schlacht von Flodden Field am 9. September 1513 verstanden werden, bei der Jakob IV. und Tausende seiner Untertanen umkamen. Bonner weist jedoch darauf hin, dass das Schriftstück früher entstanden sein dürfte. Vgl. Bonner, Auld Alliance, S. 22.

[61] Zitiert nach ebd., S. 22.

[62] Zitiert nach ders., French Naturalization, S. 1088.

[63] Gemeint sind der Geheimvertrag von Fontainebleau 1558 IV 4 und der Heiratsvertrag 1558 IV 19. Gemäß ersterem sollte Schottland auch dann an Frankreich fallen, wenn Königin Maria Stuart ohne Nachkommen stürbe. Beide Verträge sind abgedruckt bei Dumont, Recueil des Traitez, Bd. V,1, S. 21–23.

[64] Gedruckt bei Teulet, Relations politiques 1862, S. 312–314, Zitat S. 312.

[65] Ebd.

[66] Vgl. Ryrie, Origins 2006, S. 197 f. und Keith, History 1748, S. 130–153. Letzterer gibt auch den Text des Vertrags von Edinburgh wieder.

[67] Vgl. Bonner, French Naturalization, S. 1086.

[68] Vgl. Wells, Law, S. 109 und Blanchard, Table chronologique 1687, S. 336: »Declaration portant exemption du droit d’aubeine pour les Sujets du Roi de la grande-Bretagne. A Paris en Juin 1615.«

[69] Erinnert sei an die Könige Karl II und Jakob / James II., Jakob / James III. (The Pretender) oder Karl III. (The Young Pretender), die teils in französischem Exil lebten oder mit Hilfe Frankreichs ihre Thronansprüche durchsetzten bzw. durchzusetzen versuchten.

[70] Denisart, Collection 1766, Bd. 1, S. 101.

[71] Ebd. S. 102; Sahlins, Unnaturally French, S. 173. Vgl. Bonner, French Naturalization, S. 1099 f.

[72] Beispiele finden sich bei Wells, Law, insbesondere S. 39–41 oder 105 f.

[73] Vgl. Duchhardt, Dynastische Heirat 2001, S. 67–70 und Peters, Heiraten 2008, Abschnitt 13.

[74] Allianzvertrag von Berlin 1716 IX 14, Freundschafts- und Allianzvertrag, sog. Herrenhäuser Traktat 1725 IX 3, Allianzvertrag von Breslau 1741 VI 5, Handels- und Schiffahrtsvertrag von Paris 1753 II 14. Alle Verträge in: Heinz Duchhardt / Martin Peters, http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege, z.T. mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 15. April 2008).

[75] Es sei nur der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass die Umkehrung der Allianzen natürlich nicht ausschließlich auf den diplomatischen Fauxpas Preußens zurückgeführt werden kann, sondern letztlich Ausdruck einer veränderten Machtkonstellation in Europa war, die aus dem Aufstieg Preußens zur europäischen Großmacht und aus der Schwächung des Hauses Habsburg resultierte.

[76] Vgl. Sahlins, Unnaturally French, S. 7 u. 13 und Necker, Administration, Bd. 3, S. 315 f., der das Droit d’aubaine als Hindernis für die Wirksamkeit jener Maßnahmen ansah, »qui sont autant d’avantages qui promettent à notre Royaume de nouveaux habitans & de nouvelles richesses«.

[77] [Anonym], Verzeichniß der Staten 1785, S. 296.

[78] Vgl. Rapport, Languishing Branch, S. 22.

[79] Aufhebungsvertrag von Wien über das Droit d' Aubaine 1766 VI 24, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters, http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 15. März 2008).

[80] Vgl. Sahlins, Unnaturally French, S. 7.

[81] Montesquieu, Esprit des lois 1757, Bd. 2, S. 239 f. (Liber 20, Kap. 2).

[82] Friede von Cambrai 1529 VIII 5, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters: http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 15. März 2008).

[83] Sperrung durch den Verfasser.

[84] Bei Denisart, Collection, Bd. 1, S. 101, ist zu lesen, dass es bereits im Madrider Vertrag einen Artikel über die Reglung des Droit d’Aubaine besagter Gebiete gegeben habe, was nicht bestätigt werden kann. Vgl. den Vertrag von Madrid 1526 I 14 bei Dumont, Recueil des Traitez, Bd. IV,1, S. 399–341. Im Gegensatz hierzu Glissen, Étrangers en Belgique, S. 281, Anmerkung 2.

[85] Ebd., S. 281.

[86] Sahlins, Unnaturally French, S. 49.

[87] Friedensvertrag von Crépy-en-Laonnais 1544 IX 18, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters: http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 15. März 2008). Mit abweichender Absatzzählung gedruckt bei Dumont, Recueil des Traitez, Bd. IV,2, S. 279–287. Vom Droit d’Aubaine handelt Absatz 24 (Dumont, S. 283) bzw. Absatz 22 (in der pdf-Datei der Base Choiseul auf S. 15). Gegenüber dem Friedensvertrag von Cambrai erscheint der Absatz leicht modifiziert: Auf eine Erklärung, welche Probleme das Droit d’Aubaine den Untertanen bereitet, wurde verzichtet und der Schlusssatz verändert; außerdem sind die Herrschaften Geldern, Zuphen, Friesland und Utrecht als exemt hinzugefügt.

[88] Friedensvertrag von Câteau–Cambrésis 1559 IV 3, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters: http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 15. März 2008).

[89] Friedensvertrag von Vervins 1598 V 2, Artikel 5, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters, http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 15. März 2008).

[90] Im Gegensatz hierzu Sahlins, Unnaturally French, S. 173.

[91] Vertrag von Île de Faisanes, sog. Pyrenäenfrieden 1659 XI 7, Artikel 56, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters, http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 15. März 2008). Siehe auch Sahlins, Unnaturally French, S. 177.

[92] Vgl. Wells, Law, S. 42–51.

[93] Vertrag von Paris zur Wiedereinsetzung Karls IV. (1661 II 28), in: Heinz Duchhardt / Martin Peters, http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 4. März 2008).

[94] Friedensvertrag von Rijswijk 1697 X 30, Artikel 28, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters, http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul, (eingesehen am 4. März 2008). Vgl. den Sammelband DUCHHARDT, Rijswijk 1998 mit den Beiträgen Malettke, Friede von Rijswijk 1998 und Roll, Im Schatten 1998.

[95] Eine Übersicht über die Ereignisse im Herzogtum Lothringen liefert Köbler, Historisches Lexikon 1999, S. 361.

[96] Vgl. Sahlins, Unnaturally French, S. 194 u. 198.

[97] Denisart, Collection, Bd. 1, S. 166 f.

[98] Konvention von Versailles über die Aufhebung des Droit d’aubaine 1702 I 24, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters, http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 15. April 2008). Vgl. ebd. S. 1 f.: »Sous lesquelles on pourrait esteindre et supprimer le droit d’aubaine qui jusques à present a eu lieu en France sur les suiets dudit sieur Duc, et dans ses Etatz sur les suiets du Roy a L’exception neanemoins de suiets de Sa Majesté nez dans le trois Eveschez de Metz, Toul et Verdun, Pays de Messin et autres Lieux et Pays qui faisoient cy devant partie du Duché de Luxembourg, du Comté de Chiny, de la Lorraine et du Barrois, qui ont esté cedez sa Majesté par les traitez des années Mil Six Cent Soixante et un, Mil Six Cent Soixante trois et Mil Six Cent Soixante quatre vingt dix Sept, lesquels sont leur residance dans les Estatz dudit Sieur Duc, on qui y possedent des biens, et des Suiets de ce Prince, qui sont aussy leur residence dans ledits Pays on qui y possedent les biens.«

[99] Friedensvertrag von Wien 1737 V 2, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters, http://www.ieg-mainz.de/friedensvertraege, mit Link zu: Base Choiseul, https://pastel.diplomatie.gouv.fr/choiseul (eingesehen am 4. März 2008).

[100] Stanislaus I. Leszczynski, König von Polen und Herzog von Lothringen, stirbt am 23. Februar 1766, so dass Lothringen gemäß dem Friedensvertrag von Wien endgültig an Frankreich fällt.

[101] Vgl. Sahlins, Unnaturally French, S. 226 f.

[102] Gama, Dissertation 1706; Dithmar, De Jure Albinagii 1721; Franckenstein, De Usu Albinagii 1719–1748; Ludewig, De Differentia 1735; Monglas, De Origine 1785; Semonin de St. Gerans, De Usu hodierno 1785; Mansord, Droit d’aubaine 1824; Okey, Droit d’Aubaine 1830; Okey, Droits, privilèges et obligations 1831; Rouville, De jure albinatus 1835.



ZITIEREMPFEHLUNG

Peter Seelmann, Aufhebungen und Einschränkungen des Jus albinagii – ein Instrument des Friedens?, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters (Hg.), Instrumente des Friedens. Vielfalt und Formen von Friedensverträgen im vormodernen Europa, Mainz 2008-06-25 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft online 3), Abschnitt 78–93.
URL: <http://www.ieg-mainz.de/vieg-online-beihefte/03-2008.html>.
URN: <urn:nbn:de:0159-2008062408>.

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