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Neuigkeiten

03.02.2016

Algorithmen sind keine Killer von Kulturtechniken
In einer öffentlichen Fishbowl-Diskussion zum Thema Digitalität und Diversität in den Geisteswissenschaften bezogen sechs international anerkannte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Stellung. Hochkarätige Gäste, ein diskutierfreudiges Publikum und das ansprechende Ambiente des Museums für Antike Schiffahrt verhalfen der ersten Veranstaltung von mainzed am 29. Januar zum Erfolg.


Wie verändern sich die Geistes- und Kulturwissenschaften im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung? Diesem Thema widmeten sich am 29. Januar international vernetzte Expertinnen und Experten und ein äußerst interessiertes und aktiv beteiligtes Publikum in dem mit über 100 Gästen voll besetzten Museum für Antike Schiffahrt. Die Fishbowl-Diskussion anlässlich der Eröffnung von mainzed, dem Mainzer Zentrum für Digitalität in den Geistes- und Kulturwissenschaften wurde in Zusammenarbeit mit der Mainzer Arbeitsstelle Kleine Fächer an der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) organisiert. Titel der Veranstaltung: »digitalität und diversität – die Geisteswissenschaften im Jahr 2026«.

mainzed v.l.n.r.: Mercedes Bunz, Gudrun Gersmann, Irene Dingel, Kai-Christian Bruhn

Angeregt durch zahlreiche Fragen und Meinungen aus dem Publikum näherten sich Prof. Dr. Walter Bisang (JGU), Dr. Mercedes Bunz (University of Westminster), Prof. Dr. Irene Dingel (IEG), Prof. Dr. Gudrun Gersmann (Universität zu Köln), Prof. Dr. Marie-Hélène Lay (Universität Poitiers) und Dr. Uwe Schmidt (JGU) dem Thema unter verschiedenen Aspekten. So sprach Walter Bisang das Verhältnis zwischen Fachkenntnissen und technischer Affinität an und fragte, wie hilfreich westliche Technologien bei der Erforschung nichtwestlicher Kulturen sein können? Eine mögliche Vernaturwissenschaftlichung der Geisteswissenschaften thematisierte Prof. Dr. Mechthild Dreyer, Vizepräsidentin für Studium und Lehre an der JGU. Und Irene Dingel stellte heraus, dass die Digitalisierung der Fächer sicherlich zu mehr Interdisziplinarität führen werde.

Kontrovers wurde über den freien Zugang zu wissenschaftlichen Daten, Thema Open Access, diskutiert. Datenmengen, zu deren Bearbeitung früher Jahre benötigt wurden, können heute in kurzer Zeit erfasst werden, wenn sie online offen verfügbar sind. Diese bereitzustellen ist jedoch teuer und erfordert eine klare Positionierung zu Fragen nach Nutzungsrechten und Vergütung.

Im Anschluss an die über zweistündige Diskussion setzte sich Mercedes Bunz in ihrer Keynote mit dem oftmals technologiekritischen Diskurs in Deutschland auseinander. So erläuterte sie, dass dieser in Wirklichkeit gesellschaftliche Probleme adressiert – wenn etwa die übermäßige Verfügbarkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch das Smartphone beklagt wird. Stattdessen ruft sie zu einem bewussten und konstruktiven Umgang mit vorhandenen und zur aktiven Gestaltung neuer Technologien auf, die auch und gerade durch die Geistes- und Kulturwissenschaften zu leisten sei: »Algorithmen sind keine Killer von Kulturtechniken. Sie erzielen in jeder Kultur andere Resultate.«

»Wir haben heute viele Anregungen für unsere zukünftige Arbeit in mainzed erhalten«, schloss Prof. Dr. Kai-Christian Bruhn, Direktor des Zentrums, der die Veranstaltung moderierte. »Dies wird auch in unseren Masterstudiengang ›Digitale Methodik in den Geistes- und Kulturwissenschaften‹ einfließen, der vermutlich zum Wintersemester 2016/17 starten wird.«