Codename Prometheus: Antikommunistische Netzwerke zwischen Warschau, Paris und Istanbul in der Zwischenkriegszeit
Ziel des Projektes ist die Analyse des mitteleuropäischen »Prometeizm«-Konzepts, an dessen Herausbildung sich ukrainische und kaukasische Emigranten in Warschau, Paris und Istanbul maßgeblich beteiligt haben. In der Zwischenkriegszeit finanzierte und unterstützte das polnische politische Establishment um Józef Piłsudski politische Emigranten aus der Ukraine, dem Kaukasus und Zentralasien, die vor den Bolschewiki nach Europa flüchteten. Warschau, Paris und Istanbul wurden zu den bedeutendsten Standpunkten eines publizistisch und politisch aktiv agierenden antikommunistischen Netzwerks, das mittels eigener mehrsprachiger Medien, einer regen Vortragsaktivität und Aufklärungsarbeit gegen die »rote Gefahr« agitierte. Die Aktivisten dieses Netzwerkes hoben den Europa- und Freiheitsgedanken besonders hervor, was sich auch aus (post-)kolonialen Diskursen in Mittelosteuropa ableiten lässt. Sie entwickelten eigene Ordnungsvorstellungen (wie z.B. die Kaukasische Föderation) und zielten, in grundsätzlicher Gegnerschaft zum Kommunismus, auf die Auflösung der Sowjetunion. An diesen überkonfessionellen und multinationalen Diskursen beteiligten sich ukrainische, kaukasische, tatarische und nicht zuletzt russische Emigranten in Warschau und Paris sowie in Istanbul und in Prag. Die Bewegung der Prometeisten ist somit als Reaktion auf zentrale ideologische Herausforderungen der Zwischenkriegszeit zu sehen. In einem frühen Stadium des Projektes wurden die prometeistischen Netzwerke vorrangig als eine (außen-)politische Denkströmung in Polen aufgefasst, die sich gegen die UdSSR richtete, auf den Elementen des Anti-Kommunismus und des Anti-Totalitarismus beruhte und eine breitere antisowjetische Koalition anstrebte. Im Verlauf der Untersuchung stellte sich jedoch heraus, dass die Prometeisten in Warschau, Paris und Istanbul in einem intensiven reziproken Austausch mit den lokalen Intellektuellenmilieus standen. In Paris beispielsweise setzten sie sich mit russischen Emigrés um Kerenski, aber auch mit russischen Eurasiern auseinander und konnten enge Kontakte zu schweizerischen und französischen Kommunismuskritikern knüpfen. In Istanbul verband sich der polnisch-mittelosteuropäische Antikommunismus mit dem Turanismus, dessen Vertreter ebenfalls russlandkritisch gesinnt waren. Ergebnisse des Projektes wurden unter anderem am DHI Paris, am Orient-Institut Istanbul, der Universität Amsterdam, an der Polnischen Akademie der Wissenschaften und an der Universität Warschau sowie in mehreren Fachkolloquien in Deutschland vorgestellt. Mit Wissenschaftlern aus mehreren geschichtswissenschaftlichen Einrichtungen in Polen, der Türkei sowie in Frankreich und Russland besteht eine enge Zusammenarbeit.Beteiligt war: Zaur Gasimov