Bewegte Leben. Mobile Identitäten und Zugehörigkeiten im iberischen Atlantik (1570–1700)
Das südspanische Sevilla, seit 1503 Monopolhafen für den Amerikahandel, war im 16. Jahrhundert ein Knotenpunkt der Weltwirtschaft und fungierte als »Tor zur Neuen Welt«. Doch nur gebürtige Spanier und sogenannte »naturalisierte« Ausländer durften mit den spanischen Besitzungen in Übersee Handel treiben, und nicht jedem war es offiziell erlaubt, den Atlantik zu überqueren. Wer dies tun wollte, musste u.a. nachweisen, dass er selbst und seine Vorfahren katholische Christen waren. In der Praxis gab es jedoch vielfältige Möglichkeiten, die obrigkeitlichen Handels- und Reisebeschränkungen zu umgehen. Anhand von ausgewählten transatlantischen Biographien untersucht das Projekt den Zusammenhang zwischen Mobilität und Zugehörigkeiten aus akteurszentrierter Perspektive. Im Mittelpunkt stehen dabei fremde Kaufleute, die sich im 16. und 17. Jahrhundert in großer Zahl in Sevilla ansiedelten, um sich am lukrativen Amerikahandel zu beteiligen. Auf die obrigkeitlichen Migrationsregime reagierten sie häufig mit Praktiken der Dissimulation und Verstellung. Es soll untersucht werden, wie sich derartige Praktiken auf die »biographische Navigation« der Akteure und die Konstruktion von mobilen Identitäten und Zugehörigkeiten auswirkten.