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27.03.2024
Neu erschienen: »Intersections between Jewish Studies and Habsburg Studies«, hrsg. von Mirjam Thulin u.a.
Mirjam Thulin, am IEG assoziierte Wissenschaftlerin, hat mit Tim Corbett und Björn Siegel das neue Heft der Reihe PaRDeS: Zeitschrift der Vereinigung für Jüdische Studien e. V., herausgegeben: »Intersections between Jewish Studies and Habsburg Studies«. Die Zeitschrift erscheint open access im Universitätsverlag Potsdam.Lange waren nach der Shoah Binaritäten charakteristisch für die jüdische Geschichtsschreibung. Geht man stattdessen, wie es die neueren Ansätze der Habsburgerforschung tun, von einer Plurikulturalität aus, sind diese Binaritäten irreführend, wie die Autor:innen des Bandes schreiben.
Zusammenfassung: Nach der Shoah und dem vermeintlichen Triumph des Nationalismus wurde es in der Geschichtsschreibung üblich, die Juden in einer Reihe von Binaritäten auf die Position des »ewig Anderen« zu verweisen: Christlich/jüdisch, nichtjüdisch/jüdisch, europäisch/jüdisch, nichtjüdisch/jüdisch und so weiter. Diese Binaritäten blieben lange Zeit charakteristisch für die jüdische Geschichtsschreibung, auch im mitteleuropäischen Kontext. Geht man stattdessen, wie es die neueren Ansätze der Habsburgerforschung tun, davon aus, dass Plurikulturalität die Grundlage gemeinsamer Erfahrungen im ehemals habsburgischen Mitteleuropa war, und akzeptiert man, dass es keine einheitliche »Mehrheitskultur« gab, sondern dass sich in bestimmten Kontexten Hegemonien durchsetzten, dann sind die oft verwendeten Binaritäten irreführend und verschleiern die komplexen und manchmal sogar paradoxen Bedingungen, die das jüdische Leben in der Region vor der Shoah prägten.
Gerade die Komplexität des habsburgischen Mitteleuropas in synchroner und diachroner Perspektive schließt eine singuläre historische Erzählung des »habsburgischen Judentums« aus, und es ist nicht die Absicht dieses Bandes, einen Überblick über die »habsburgische jüdische Geschichte« zu bieten. Die ausgewählten Beiträge in diesem Band verdeutlichen vielmehr, wie wichtig es ist, Kategorien neu zu bewerten, historische Narrative zu dekonstruieren und implementierte Ansätze in spezifischen geographischen, zeitlichen und kulturellen Kontexten neu zu konzeptualisieren, um ein besseres Verständnis der komplexen und plurikulturellen Geschichte des Habsburgerreiches und der Region als Ganzes zu gewinnen.