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22.07.2025
Rezension von »Imperiale Weltläufigkeit und ihre Inszenierungen«

Heiko Wegmann stellt die Relevanz und den innovativen Ansatz des Werkes heraus. Der Band präsentiere die erste empirisch fundierte Fallstudie zu Mannheim und beleuchte die komplexen Verflechtungen zwischen lokaler und kolonialer Geschichte, insbesondere durch die Figur des Theodor Bumiller.
Gißibl kritisiere in seiner Einleitung die bisherige akademische Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte und formuliere einen Katalog an Anforderungen für die zukünftige lokale Kolonialgeschichtsschreibung. Hierzu zählen u.a. die ernsthafte Berücksichtigung der Faktoren Stadt und Region sowie die Untersuchung dezentraler Dynamiken und transregionaler Verflechtungen.
Am Beispiel von Theodor Bumiller (1864-1912), der als persönlicher Adjutant Hermann (von) Wissmanns (1853-1905) in Deutsch-Ostafrika agierte, lote Gißibl erfolgreich das Konzept der »imperialen Weltläufigkeit« aus. Die an ihm untersuchte Ausblendung von rassistischer Mentalität und der Praxis massiver Gewalt und asymmetrischer Beziehungen in Ostafrika werde von den weiteren Autor:innen nicht nur diskusmäßig einbezogen, sondern auch quellenmäßig unterlegt.
Wegmann geht auf einzelne Beiträge des Sammelbands ein, darunter den von Jan Diebold, der mit der Perspektive von Bumillers „Diener“ Silimu bin Abakari eine Umkehrung des Blicks vornehme, wie es auch der Beitrag von Ulrich Nieß und Karen Strobel über Thomas Adrian van Vorden (1816-1863) leiste. Die Beiträge des Sammelbands seien teils eng verzahnt, teils jedoch auch unabhängig voneinander. »Die durchweg lesenswerten Beiträge bewegen sich auf dem aktuellen Forschungsstand und geben reichlich Anlass zu weiterführender Forschung sowie Kursänderungen in der Erinnerungskultur in Mannheim selbst, aber auch darüber hinaus«, resümiert Wegmann.
Zum Sammelband:
Der Sammelband »Imperiale Weltläufigkeit und ihre Inszenierungen. Theodor Bumiller, Mannheim und der deutsche Kolonialismus um 1900« erschien 2021 in der Reihe »Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz« bei Vandenhoeck & Ruprecht. Der Band ist im Open Access verfügbar.
Zum Inhalt: Die koloniale Wende in der neueren Geschichtsschreibung des Deutschen Reiches beruht auf der Erkenntnis, dass die koloniale Begegnung nicht nur die kolonialen Gesellschaften in Afrika und Ozeanien, sondern auch die deutsche Gesellschaft des »Kaiserreichs« tiefgreifend geprägt hat. Der Band zeichnet die kolonialen Verflechtungen, Inszenierungen und Spektakel in der aufstrebenden Industrie- und Hafenstadt Mannheim im Südwesten Deutschlands nach. Die Beiträge des Bandes fragen systematisch nach spezifischen Verortungen und Institutionalisierungen der Begegnung mit den überseeischen Kolonien und unterstreichen die Notwendigkeit, monolithische Verständnisse der imperialen Metropole zu provinzialisieren.
Bernhard Gißibl, Katharina Niederau (Hgg.): Imperiale Weltläufigkeit und ihre Inszenierungen. Theodor Bumiller, Mannheim und der deutsche Kolonialismus um 1900
Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz - Band 127, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1. Auflage 2021, ISBN: 978-3-525-10157-5, DOI: s.u.