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21.11.2025
SFB 1482: Humandifferenzierung wird verlängert!
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat gestern beschlossen, die Förderung des Mainzer Sonderforschungsbereichs (SFB) 1482 »Humandifferenzierung« um weitere dreieinhalb Jahre bis Juni 2029 zu verlängern. Das Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG) ist mit drei Forschungsprojekten und vier Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am SFB beteiligt und kann nun auch vier neue Doktorandenstellen besetzen.Die am SFB beteiligten Wissenschaftler:innen des IEG sind Anne Friedrichs, Johannes Paulmann, Thomas Weller und Malin Wilckens. Die IEG-Projekte im SFB sind:
1. Europäische Geflüchtete zwischen Südasien, Nahost und Europa. Räumliche Selbst- und Fremdzuordnungen im 20. Jahrhundert (Anne Friedrichs)
2. Religion und Ethnizität. Transatlantische Mobilität und Humandifferenzierung im kolonialen Hispanoamerika (Thomas Weller)
3. Mensch-Werden, Mensch-Sein: Humandifferenzierung und Konvivialität – von der Gegenwart in die Urgeschichte (Johannes Paulmann und Malin Wilckens)
»Die erfolgreichen Verbundforschungsprojekte sind Ausdruck der Forschungsstärke unserer Universität und hängen eng mit unserem strategischen Forschungsprofil zusammen. Durch sie positionieren wir uns als Standort mit herausragender und zukunftsweisender Forschung«, sagt der Vizepräsident für Forschung und wissenschaftliche Karrierewege der JGU, Prof. Dr. Stefan Müller-Stach, Professor für Zahlentheorie an der JGU. »Unser Dank gilt den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die mit ihren herausragenden Forschungsleistungen diese Sonderforschungsbereiche ermöglichen.«
»Ich freue mich sehr über die großen Erfolge der engagierten Forscherinnen und Forscher der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie ihrer Partnerinnen und Partner an den kooperierenden Einrichtungen«, sagt Wissenschafts- und Gesundheitsminister Clemens Hoch. »Die Förderentscheidungen der DFG zeigen eindrucksvoll, welches hohe wissenschaftliche Niveau sie gemeinsam haben. Einen wichtigen Beitrag zu diesen Erfolgen leistet unsere Forschungsinitiative für die rheinland-pfälzischen Hochschulen. Sie schafft die Grundlage, um Profilbereiche gezielt zu stärken und die Sichtbarkeit unserer Wissenschaftsstandorte regional, national und international weiter auszubauen. Das steigert zugleich ihre Attraktivität für neue Forschungspartnerschaften. Forschungserfolge entstehen nicht über Nacht. Mit den bis 2028 laufenden Zielvereinbarungen sind unsere Hochschulen jedoch bestens aufgestellt. Allein im Jahr 2025 unterstützen wir die JGU mit rund 9,4 Millionen Euro.«
Hintergrund zum SFB 1482
Seit dem 1. Juli 2021 fördert die DFG den Sonderforschungsbereich 1482 »Humandifferenzierung« (SFB 1482) der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) Mainz und des Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte (IEG) in Mainz. Der Sonderforschungsbereich untersucht die grundlagentheoretische Frage, wie wir Menschen unterscheiden – das heißt, wie sich Menschen untereinander unterscheiden, zum Beispiel nach Nationalität, Ethnizität, Konfession, Alter, Geschlecht, Leistung oder sexueller Präferenz. Gefragt wird aber auch, wie sich der Mensch von anderen Lebewesen und Artefakten unterscheidet, also etwa von Tieren, Robotern oder Social Bots.
Der Fokus des SFB liegt nicht auf den Unterschieden, sondern auf den vielfältigen Praktiken des Unterscheidens. Der Leitbegriff »Humandifferenzierung« stellt der alltagsweltlichen Vorstellung, dass Menschen unterschiedlich sind, die Frage gegenüber, wie diese Unterschiede gemacht werden. Untersucht werden verschiedene Unterscheidungsprozesse, die miteinander konkurrieren und interferieren: Kategorisierung, Klassifikation, räumliche Segregation, Stereotypisierung, Stigmatisierung, Exotisierung und so weiter.
Der SFB 1482 hat 21 Teilprojekte und wegen seiner großen gesellschaftlichen Relevanz ein eigenes Projekt zur Wissenschaftskommunikation. Die DFG wird ihn nach seiner ersten Förderphase auch in der zweiten Phase mit rund 10 Millionen Euro fördern.
Interdisziplinarität und Forschungsansatz
Die Leitfrage nach der Humandifferenzierung ist so grundlegend, dass sie die Beteiligung vieler Sozial- und Kulturwissenschaften verlangt. Im SFB 1482 arbeiten elf Disziplinen aus vier Fachbereichen der JGU und das Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG) zusammen. Beteiligt sind Geschichtswissenschaft, Soziologie, Ethnologie, Amerikanistik, Afrikanistik, Germanistik, Anthropologische Linguistik, Sozialpsychologie, Theater-, Translations-, und Medienkulturwissenschaft.
Wie der Sprecher des SFB 1482, Prof. Dr. Stefan Hirschauer, Professor am Institut für Soziologie der JGU, betont, ist Forschung oft selbst humandifferenziert organisiert und identitätspolitisch motiviert. So rekurrierten die Gender Studies eben auf die Geschlechterunterscheidung, die Race und Ethnicity Studies auf ethnische Unterscheidungen, die Age Studies auf Alterskategorien und so weiter. Dadurch sei die Forschungsfrage nach der Humandifferenzierung bislang blockiert. »Man kann sagen, dass die Forschung sich fest im Griff der Humandifferenzierung befindet, diese aber noch nicht selbst im Griff hat«, sagt Hirschauer.
Dagegen versucht der SFB in einer vergleichenden Perspektive zu verstehen, was etwa »Geschlechter“ sind, indem er sie in der Optik von Altersklassen oder »Rassen“ betrachtet, und er geht davon aus, dass man die Unterscheidung von »Rassen« nur verstehen kann, wenn man sieht, wie nahe sie an der Tier/Mensch-Unterscheidung gebaut ist.


