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Lutherische Theologie und Protestantismus in Polen, 1548–1650

Das Projekt widmete sich in verschiedenen Einzelstudien den Verbindungen der Polen mit den deutschen Universitäten und der Beteiligung Polens und Litauens an den theologischen Debatten im Gefolge des Interims. Als Beispielfälle dienten unter anderem die Debatte um den polnischen “Consensus Sendomirensis” von 1570, der Osiandrische Streit im Herzogtum Preußen, dessen Auswirkungen auf Preußen königlich-polnischen Anteils und Polen sowie der Danziger Notel-Streit, der in den Kontext der sogenannten Zweiten Abendmahlskontroverse (1550 ff.) eingeordnet wurde. Im Fokus stand bei allen Studien die kommunikative und mediale Vermittlung theologischer Lehren, sei es durch direkte Kontakte zwischen deutschen Universitäten und Gemeinden in Preußen und Polen, sei es in Form von Flugschriften, Einblattdrucken und gelehrten Abhandlungen, aber auch von Predigt und Disputation. In den Beiträgen zu den Tagungen des Forschungsbereichs zu Religion und Mobilität sowie zu Streitkultur und Öffentlichkeit im konfessionellen Zeitalter behandelten die Vorträge und daraus entstandenen Aufsätze zwei prominente Fälle medialer Vermittlung theologischer Kontroversen zwischen dem Heiligen Römischen Reich und Polen. Darüber hinaus wurde die aus dem Konzept des “Kulturtransfers” (W. Schmale / E. François) entlehnte Untersuchung von “Medien und Mittlern” des Transfers anhand von markanten Einzelpersonen durchgeführt (Philipp Melanchthon, Benedikt Morgenstern). Die Analysen gingen nie von einer eindimensionalen Transferrichtung von West nach Ost aus. Vielmehr ließ sich belegen, dass sich im beginnenden konfessionellen Zeitalter ein Grenzen überschreitender beidseitiger Austausch über theologische Streitfragen vollzog, an dem Gelehrte, Juristen und Theologen in Krakau, Königsberg und Danzig ebenso selbstverständlich aktiv beteiligt oder als Rezipienten einbezogen waren wie jene in Wittenberg, Leipzig oder Frankfurt. Latein als Wissenschaftssprache ermöglichte einen grenzenlosen Kommunikationsraum, weitgespannte Handelsnetze sicherten den raschen Vertrieb von handschriftlichen oder gedruckten Texten. Allerdings blieben diese Austauschbeziehungen ein Höhenkammphänomen: nur bestimmte Textgattungen reformatorischer Texte wie Katechismen, Bekenntnisse oder Trostschriften wurden auch ins Polnische übersetzt. Darüber hinaus wurden mit Studien zu Johannes Cochläus, Matthias Flacius und Philipp Melanchthon weitere Themen aus dem Spektrum des Forschungsbereichs bearbeitet. Das Forschungsprojekt wird mit einer Vergleichsstudie zur Auseinandersetzung mit reformierter Theologie in Schlesien zum Abschluss gebracht.

Project duration: 2007-2012
Project members:
  • Henning P. Jürgens